Der Augsburger Bischof Walter Mixa wies die gegen ihn erhobenen Prügelvorwürfe mit eindringlichen Worten zurück. Der oberste Glaubenshüter des Vatikan, Kurienkardinal William Levada, nahm Papst Benedikt XVI. in Schutz vor Anschuldigungen wegen dessen Umgang mit Fällen aus den 50er und 60er Jahren in den USA. In Deutschland gingen mehrere Geistliche in ihren Botschaften zum Osterfest auf die Fälle ein.
Mixa erklärte: "Ich bin zutiefst erschüttert über die Anschuldigungen, die mir gegenüber erhoben werden. Ich versichere nochmals, dass ich zu keiner Zeit gegen Kinder und Jugendliche körperliche Gewalt in irgendeiner Form angewandt habe." Er sei bereit, mit Männern und Frauen, die in ihrer Jugendzeit im Kinderheim St. Josef in Schrobenhausen gelebt haben, über ihre Erinnerungen, Erlebnisse und Vorwürfe zu sprechen, fügte der Bischof in der am Donnerstag vom Bistum verbreiteten persönlichen Erklärung hinzu.
Vorwürfe von Heimkindern
Ehemalige Heimkinder in Bayern werfen Mixa vor, er habe sie in den 70er und 80er Jahren mehrmals geschlagen. Das Bistum Augsburg hatte die Vorwürfe als "absurd" bezeichnet. Sie seien "unwahr und offenbar in der Absicht erfunden, den Bischof persönlich zu diffamieren". Die katholische Reformbewegung "Wir sind Kirche" forderte Mixa auf, seine Ämter ruhen zu lassen. Im Deutschlandradio Kultur sagte Annegret Laakmann von "Wir sind Kirche", sie denke, dass Mixa zumindest "vorläufige Konsequenzen" ziehen sollte. Jeder Priester, gegen den ein Vorwurf erhoben wird, werde suspendiert.
Der Sekretär der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Pater Hans Langendörfer, hatte sich zuvor hinter Mixa gestellt. "Ich glaube erst mal, dass hier Behauptung gegen Behauptung steht", sagte Langendörfer dem Deutschlandfunk. Das Bistum von Bischof Mixa habe am Mittwoch die richtigen Schritte gemacht, "dass es zu einem klärenden Prozess kommt, dass über die Dinge weiter gesprochen wird".
Kardinal verteidigt Papst
Der Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal Levada, verteidigte Papst Benedikt XVI. gegen Vorwürfe der Tageszeitung "New York Times". Er warf dem renommierten Blatt am Donnerstag "mangelnde Fairness" vor. Ziel des "Times"-Artikels sei es, die ausgebliebene Suspendierung des mittlerweile verstorbenen pädophilen Priesters Lawrence Murphy "Papst Benedikt anstatt den damaligen Entscheidungsträgern der Diözese anzulasten", so Levada.
Die "New York Times" hatte das Vorgehen von Benedikt als damaliger Präfekt der Glaubenskongregation im Zusammenhang mit dem Fall kritisiert. Die Vatikanbehörde sei jedoch erst Ende der 90er Jahre darüber informiert worden, so Levada. Der Kardinal verteidigte den Papst ferner gegen Vorwürfe im Zusammenhang mit dem Fall eines pädophilen Priesters in seiner ehemaligen Erzdiözese München-Freising.
Schneider begrüßt Einrichtung von Hotline
Der amtierende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, begrüßte im Grundsatz das Handeln der katholischen Kirche, die in dieser Woche eine telefonische Beratung für Missbrauchsopfer gestartet hatte. Der Missbrauchsbeauftragte der Bischofskonferenz, der Trierer Bischof Stephan Ackermann, bemühe sich um klare Worte, sagte Schneider dem "Bonner General-Anzeiger".
Der protestantische Theologieprofessor Friedrich Wilhelm Graf hingegen wirft der katholischen Kirche angesichts der Missbrauchsfälle die "gezielte Vertuschung von Straftaten" vor. Die katholische Kirche habe bisher "gar nichts getan", um den Skandal zu bewältigen, sagte Graf im Deutschlandfunk laut einer Vorabmeldung vom Donnerstag. "Sie hat gelogen, sie hat verdrängt, sie hat ignoriert, sie hat vorsätzlich Opfer betrogen."
Übergriffe auch in DDR-Heimen
Auch in staatlichen Heimen der DDR hat es offenbar zahlreiche Fälle von sexuellem Missbrauch an Kindern und Jugendlichen gegeben. Die Leiterin der Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof Torgau, Gabriele Beyler, sagte dem in Berlin erscheinenden "Tagesspiegel", bei ihr hätten sich 25 ehemalige Insassen von DDR-Kinderheimen gemeldet, die von sexuellen Übergriffen durch Erzieher berichtet hätten.
Der Bestsellerautor und Benediktinerpater Anselm Grün warnte davor, in der Missbrauchsdebatte weiter "irgendwelche Sündenböcke" zu schlachten. Dies sei momentan der Fall, sagte er im Deutschlandradio Kultur. Die Vorgänge müssten vielmehr "als Spiegel für uns selber" dienen: "Denn jeder ist gefährdet, und in jedem ist die Tendenz, dass wir unsere Grenzen nicht genügend einhalten, sondern Grenzen überschreiten."