Bischof: Missbrauchsopfer wollen keine Entschädigung

Bischof: Missbrauchsopfer wollen keine Entschädigung
Der Beauftragte für Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche, Bischof Stephan Ackermann, sieht keinen Bedarf für finanzielle Entschädigungen der Opfer. Er stellte indes die Hotline für Opfer von sexuellem Missbrauch noch vor Ostern in Aussicht, denn Gesprächsbedarf gebe es.

Der Beauftragte für Missbrauchsfälle in der deutschen katholischen Kirche, Bischof Stephan Ackermann, geht nicht davon aus, dass die Missbrauchsopfer finanzielle Entschädigung verlangen. "Sie wollen über ihr Schicksal sprechen", sagte der Trierer Bischof in einem epd-Gespräch in Trier. Den Opfern sei vor allem wichtig sicherzustellen, dass "die Kirche" ihre Geschichte erfahre. Die katholische Kirche werde aber für die Kosten möglicher therapeutischer Hilfe aufkommen, versprach Ackermann. Alle Einzelfälle würden geprüft.

Bundesweite Hotline für Opfer von sexuellem Missbrauch

Ackermann stellte eine bundesweite Hotline für Opfer von sexuellem Missbrauch noch vor Ostern in Aussicht. Es solle deutlich werden, "wie ernst wir es mit der Aufklärung meinen", sagte der 46-jährige Bischof. Den Opfern könne nur Gerechtigkeit widerfahren, indem "wir deutlich machen, dass wir die Fehler der Vergangenheit weder vertuschen noch bagatellisieren".

In der schwarz-gelben Regierungskoalition gibt es Überlegungen, die Verjährungsfrist für Schadenersatz- und Schmerzensgeldansprüche der Opfer erheblich zu verlängern. Die FDP hat die katholische Kirche zudem aufgefordert, einen Entschädigungsfonds aufzulegen.

Aktuelle Zahlen zum Ausmaß des Missbrauchs in katholischen Einrichtungen konnte der Trierer Bischof nicht nennen, da es in den 27 deutschen Bistümern unterschiedliche Zählweisen gebe. "Unabhängig hiervon ist aber ganz klar: Mit einem solchen Ausmaß habe ich nicht gerechnet", so Ackermann.

Kein Zusammenhang zwischen Zölibat und Pädophilie

Ackermann kündigte eine Überprüfung an, wer die Aufgabe eines Missbrauchsbeauftragten in einem Bistum wahrnehmen solle. Die Kirche werde die Anforderungen "genauer definieren". Die Beauftragten der Bistümer spielten bei der Aufklärung weiterhin eine zentrale Rolle und arbeiteten bei bestätigten Verdachtsfällen mit anderen Experten und auch mit den Staatsanwaltschaften zusammen. "Einen rechtsfreien Raum in der Kirche gibt es hier nicht."

Einen Zusammenhang zwischen der Ehelosigkeit katholischer Priester und sexuellem Missbrauch sieht Ackermann nicht. Alle ernsthaften Untersuchungen belegten, dass es keinen Zusammenhang zwischen dem Zölibat und Pädophilie als krankhafter Neigung zu Kindern und Minderjährigen gebe. Es bedürfe aber einer besonderen Wachsamkeit bei der Eignungsprüfung der Priesterkandidaten: "Eine Frage, die sich in diesem Zusammenhang stellt, ist die, ob von der priesterlichen Lebensform auch eine Attraktivität auf krankhaft veranlagte Männer ausgeht", sagte Ackermann.

Verdacht auf Missbrauchsfälle in Sachsen

In Deutschland werden immer mehr Verdachtsfälle auf sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen bekannt. Die "Leipziger Volkszeitung" berichtet am Mittwoch von einem ersten Fall in Sachsen. Nach Angaben eines ehemaligen Bewohners des Eilenburger Ernst-Schneller-Heims für sogenannte erziehungsauffällige Kinder ist es dort in den Jahren 1970 bis 1980 täglich zu sexuellen Übergriffen gekommen. So hätten sich die Kinder zum Beispiel nackt ausziehen und zum Duschraum laufen müssen. Dabei seien einzelne Kinder geschlagen und auch teilweise im Intimbereich berührt worden.

Nach der Wiedervereinigung hatte die Caritas das Heim 1994 übernommen. Der heutige Leiter sagte der Zeitung, er könne die aktuellen Vorwürfe nicht ausschließen, und erklärte sich bereit, für eventuelle Opfer zur Verfügung zu stehen.

epd/dpa