Brenders Stasi-Vergleich in der Kritik

Brenders Stasi-Vergleich in der Kritik
ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender steht nach seinem Stasi-Vergleich weiter in der Kritik. Ein CDU-Politiker forderte nun sogar, Brenders Pensionsansprüche zu prüfen. Kritik kam auch von ZDF-Intendant Markus Schächter.

Nach der heftigen Kritik des scheidenden Chefredakteurs Nikolaus Brender am ZDF hat der CDU-Medienpolitiker Marco Wanderwitz eine Kürzung der Pension ins Gespräch gebracht. "Was auch immer vorgefallen ist: So geht man als scheidender Chefredakteur mit seinem Sender nicht um. Der Verwaltungsrat sollte jetzt die Verträge prüfen", sagte Wanderwitz der "Bild"-Zeitung Dabei "wäre auch die Frage zu stellen, ob so eine Form von Rufschädigung Konsequenzen für die Pensionszahlungen hat".

Auch ZDF-Intendant Markus Schächter kritisierte Brender.  Dessen Darstellung sei "in der Sache falsch und in der Form maßlos und inakzeptabel". Schächter sagte, Brender dürfe aus Enttäuschung über seine Ablehnung im ZDF-Verwaltungsrat nicht die eigenen Redaktionskollegen "in dieser Weise ohrfeigen" und ihre Arbeit mit Verdächtigungen belasten. "Die ZDF-Redaktionen sind unabhängig von politischen und wirtschaftlichen Einflüsterungen", erklärte der Intendant. Wer etwas anderes behaupte, müsse dies belegen. Als Chefredakteur, der zehn Jahre lang in der Verantwortung gewesen sei, hätte Brender zudem die behaupteten Missstände selbst abstellen müssen.

"Mitstreiter diffamiert"

"Man kann nicht gegen Diffamierungen zu Felde ziehen, indem man seine eigenen Mitstreiter diffamiert", so Schächter. Es sei bedauerlich, dass sich Brender wenige Wochen vor seinem Abschied in dieser Weise ins Abseits stelle. Vor wenigen Monaten hatte sich die sogenannte Unions-Mehrheit im ZDF-Verwaltungsrat durchgesetzt: Brenders Vertrag als Chefredakteur wurde nach zehn Jahren nicht verlängert, er scheidet im März aus dem Amt. Als federführend dabei galt Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU).

Brender (61) hatte eine parteipolitische Dominanz bei ARD und ZDF scharf kritisiert und sprach von einem internen "Spitzelsystem". Dieses lebe davon, "dass Redakteure den Parteien Senderinterna zutragen", sagte Brender wenige Wochen vor seinem Abschied in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Brender spricht von "inoffiziellen Mitarbeitern" der Parteien, "wirklich vergleichbar mit den IM der DDR, die sich die großen Parteien in einem Sender wie dem ZDF halten".

"ZDF keine kleine DDR"

Der stellvertretende Bundesvorsitzende der Vereinigung der Opfer des Stalinismus (VOS), Hugo Diederich, bezeichnete Brenders Aussagen als verbale Entgleisung. Das ZDF sei keine kleine DDR. Diederich ist Mitglied des ZDF-Fernsehrats.

Brender meint, das "IM"-System bemerke man daran, "dass Politiker einen ganz schnell mit vertraulichen Infos konfrontieren, die sie nur von solchen Zuträgern haben können. Da finden Sie ein fein gesponnenes Netz von Abhängigkeiten, aus dem sich Karrierechancen, aber auch Verpflichtungen ableiten lassen". Er sagte weiter: "Ich habe versucht, solche Spione wenigstens von Posten mit echter Verantwortung fernzuhalten."

"Gefälligkeit der Berichterstattung"

In dem Gespräch mit dem "Spiegel" attackiert Brender die Landesregierungen und Parteien. "Es gibt Staatskanzleien, die bei den Sendeanstalten ihres Einflussgebiets anrufen und loben oder tadeln - je nach Gefälligkeit der Berichterstattung." Vor allem kritisiert Brender die Unionsparteien: Auch wenn man nicht "die Union" sagen könne, "es gibt in der Union ein dunkles Schattenreich, das sich im Verwaltungsrat eingenistet hat und ihn mittlerweile zu dominieren versucht".

Aus seiner Sicht droht die parteipolitische Methodik, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk vollends zu durchdringen: "Das Denken in Mehrheits- und Minderheitsmustern sowie in Freund-Feind-Schemata. Fraktionszwang. Intransparentes Hinterzimmergeklüngel. Das alles darf es im Journalismus nicht geben."

Brender hofft darauf, dass es bald "eine klare Begrenzung des Politik- und Regierungseinflusses auf die Sender" geben wird: "Ich bin jedenfalls fest davon überzeugt, dass das Bundesverfassungsgericht die einzige Institution ist, die dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk Staatsferne, Form und damit Zukunft sichern kann."

Gang vor das Verfassungsgericht

Nach der umstrittenen Entscheidung des ZDF-Verwaltungsrats gegen Brender haben die Bundestagsfraktionen der Grünen und Linken Druck für einen Gang vors Bundesverfassungsgericht gemacht, um per Normenkontrollantrag die Zusammensetzung von ZDF-Verwaltungs- und Fernsehrat als unvereinbar mit dem Gebot der Staatsferne erklären zu lassen. Auch aus der SPD gibt es Stimmen für einen solchen Schritt.

Brender zeigt sich erleichtert, dass es für ihn persönlich jetzt beim ZDF zu Ende geht. "Es fällt eine große Last von mir ab." Und was seine Zukunft betrifft: In öffentlich-rechtlichen Sendern könne er sich die nicht mehr vorstellen: "Das System hat mit mir abgeschlossen. Das werde ich respektieren."

Konsens der "demokratischen Kräfte"

Der Bundes-Vize der Stalinismus-Opfer-Vereinigung, Diederich, sagte laut Mitteilung vom Samstag, Brenders Kritik lasse jedes Geschichtsbewusstsein vermissen. Sie spreche auch nicht für journalistisches Fingerspitzengefühl: "Es ist unverantwortlich, dass Herr Brender als ZDF-Führungskraft seine Redakteure mit der Geheimpolizei der SED-Diktatur vergleicht. Brender solle die Personalentscheidung akzeptieren, "anstatt nun in offenbar gekränkter Eitelkeit das Porzellan des öffentlich-rechtlichen Senders zu zerschlagen". Das ZDF sei auf der Basis eines Staatsvertrags organisiert, der durch den Konsens aller demokratisch gewählten Kräfte zustande gekommen sei.

Der Leiter der Stasi-Gedenkstätte Hohenschönhausen, Hubertus Knabe, kritisierte Brenders Stasi-Vergleich ebenfalls. "Es ist unangemessen, die Zustände in einer öffentlich-rechtlichen Anstalt mit der Bespitzelungs-Maschine einer totalitären Diktatur wie der DDR zu vergleichen und sich damit auf eine Stufe mit den Opfern der Stasi zu stellen", sagte Knabe der "Bild"-Zeitung.

dpa/epd