TV-Tipp des Tages: "Auf Doktor komm raus"

TV-Tipp des Tages: "Auf Doktor komm raus"
Kaum zu glauben, welches Potenzial eine Geschichte haben kann, die sich in einem Satz zusammenfassen lässt: Zwei Dörfer streiten sich um einen Arzt. Besonders sehenswert: Henry Hübchen.
16.02.2010
Von Tilmann P. Gangloff

"Auf Doktor komm raus", 17. Februar, 20.15 Uhr im ZDF

Xao Seffcheque und Jürgen Starbatty gewinnen der im Grunde schlichten Handlung derart viele heitere und liebenswerte Momente ab, dass sich das Lustspiel fast unmerklich zu einer komplexen Komödie entwickelt. Beinahe beiläufig wird dann auch noch eine Romanze draus. Weil die Besetzung eine äußerst geglückte Mischung aus Jung und Alt darstellt, Matthias Keilich den Film munter inszeniert und die Nebenfiguren prägnant verkörpert werden, bietet "Auf Doktor komm raus" wunderbare Unterhaltung für alle Altersschichten.

Mit Andreas Pietschmann und Mira Bartuschek

Nicht nur wegen des trockenen Humors erinnert die Geschichte an "Doktor Martin", die ZDF-Serie mit Axel Milberg: Hier wie dort kommt ein Arzt in die Provinz und tut sich schwer damit, sich an die ländlichen Gepflogenheiten zu gewöhnen. Jan Büchner (Andreas Pietschmann), aufstrebender Chirurg aus Berlin, ist allerdings nicht freiwillig hier. Eigentlich wollte er auf dem Weg nach Rügen einen Stau umgehen. Als er an der örtlichen Tankstelle nach dem Weg fragt und der Tankwart das Arztschild sieht, ist Jans Schicksal besiegelt: Der Ort sucht händeringend nach einem Doktor, denn das ist die Bedingung eines Investors, der in großem Stil biologischen Anbau betreiben würde. Bürgermeister Strakow (Henry Hübchen) zieht alle Register, um Jan zum Bleiben zu bewegen. Erst wird sein Auto sabotiert, dann das Mobilfunknetz stillgelegt, schließlich die Praxis des verstorbenen Vorgängers über Nacht auf Vordermann gebracht; dass die Dorfbewohner Jans Wünsche erfüllen, bevor er sich ihrer überhaupt bewusst wird, versteht sich von selbst. Als dann auch noch die ebenso hübsche wie sympathische Heilkräuterfee Lizzy (Mira Bartuschek) ins Spiel kommt, würden die Chancen gar nicht so schlecht stehen, hätte die Sache nicht mehrere Haken: Auf Rügen wartet Jans zukünftiger Schwiegervater (Dietrich Hollinderbäumer), der gleichzeitig sein Chef ist und ihn zum Oberarzt machen will. Außerdem ist er verlobt, auch wenn Kristin (Suzan Anbeh) die eigene Karriere wichtiger zu sein scheint als die Beziehung. Und dann ist da noch Hanna Galitzki (Marie Gruber), die Bürgermeisterin des Nachbardorfes, und die setzt sämtliche Hebel in Bewegung, um Jan für Altdorf zu gewinnen; außerdem ist Lizzy ihre Tochter.

Unbedingt sehenswert ist der Film wegen Henry Hübchen

Schön sind schon allein die verschiedenen flotten Schnittfolgen, wenn Jan zum Beispiel in der ersten Nacht vergeblich versucht einzuschlafen, weil nacheinander die Matratze, eine Mücke, die Kirchturmglocken oder ein krähender Hahn die Nachtruhe stören; oder wenn man sieht, wo die Dörfler überall Lederflicken für ein Leder-Ei auftun, weil Jan großer Rugby-Fan ist. Aber selbst wenn Andreas Pietschmann und Mira Bartuschek ein wirklich hübsches Paar sind: Unbedingt sehenswert ist der Film wegen Henry Hübchen, der den Bürgermeister mit einer unnachahmlichen Mischung aus trinkfreudiger Schlafmützigkeit und Bauernschläue verkörpert.


Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" und die "Frankfurter Rundschau" mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).