Kindernothilfe sieht US-Militär in Haiti mit Skepsis

Kindernothilfe sieht US-Militär in Haiti mit Skepsis
Der Leiter der Kindernothilfe, Jürgen Thiesbonenkamp (61), hat sich skeptisch über die Präsenz Tausender US-Soldaten in Haiti geäußert. Zwar müsse es nach dem Erdbeben eine Ordnungsmacht geben, sagte der evangelische Pfarrer in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur epd. Aber auch wenn Haiti keine Armee mehr habe, sollte doch bald die haitianische Polizei für Sicherheit sorgen.

"Wir hoffen, dass es friedlich bleibt, dass die Amerikaner nicht schießen müssen", betonte Thiesbonenkamp. In der Nachbarschaft des kommunistisch regierten Kuba und des mit ihm verbündeten Venezuela verfolgten die USA mit ihren Truppen in Haiti auch politische Absichten. "Ich wünsche mir, dass die Präsenz der US-Armee nicht zu einer Invasion wird und dass das Militär bald durch zivile Helfer abgelöst wird", sagte Thiesbonenkamp.

Zugleich warnte der Leiter des christlichen Hilfswerks mit Sitz in Duisburg davor, die Haitianer zu überrollen und von Hilfe abhängig zu machen. "Eine riesige Hilfswelle kann auch erdrückend wirken und Eigeninitiative ersticken", sagte er. Deshalb wolle man die Selbsthilfe fördern und an die Tradition des haitianischen "Coumbit" anknüpfen: "Menschen teilen, was sie haben, Freud und Leid, aber auch Arbeit."

Es herrscht Chaos

Fast vier Wochen nach dem Erdbeben kommen die Hilfen nach den Worten des Kindernothilfe-Chefs an. "Von geordneten Bahnen, wie wir das verstehen, kann man sicher noch nicht sprechen", sagte Thiesbonenkamp. Immer noch herrsche Chaos, aber die Koordination laufe recht gut. Hilfswerke und Spender hätten aus den Erfahrungen mit dem Tsunami vor fünf Jahren gelernt.

Nach dem Tsunami seien viel zu viele Fischerboote mit Werbe-Aufdruck zum Bild fehlgeleiteter Hilfe geworden, sagte Thiesbonenkamp. "Von solchem Unsinn habe ich in Bezug auf Haiti noch nicht gehört." Die Menschen in Deutschland hätten auch verstanden, dass Sachspenden keinen Sinn machten. "Nach dem Tsunami vor fünf Jahren wollten manche noch flugzeugeweise Wasser ins Katastrophengebiet bringen."

epd