TV-Tipp des Tages: "Sexstreik!" (Sat. 1)

TV-Tipp des Tages: "Sexstreik!" (Sat. 1)
Die Staatskasse ist leer, die Arbeitsplätze knapp: Schönstettens Bürgermeister (Martin Brambach) unterschreibt in dieser Thomas-Nennstiel-Verfilmung ungelesen einen Vertrag.
02.02.2010
Von Tilmann P. Gangloff

"Sexstreik!", Dienstag, 2. Februar, 20.15 Uhr in Sat. 1

Keinen geringeren als den griechischen Komödiendichter Aristophanes reklamiert Sat.1 als Paten für diese Geschichte, die von Ferne betrachtet tatsächlich an "Lysistrata" erinnert. In dem antiken Stück beenden die Frauen aus Athen und Sparta den schon seit zwanzig Jahren währenden Krieg zwischen den beiden Mächten, indem sie sich ihren Männern verweigern. Das Beispiel macht immer noch Schule: In einem südtürkischen Dorf traten die Gattinnen vor einigen Jahren in den Sexstreik, um die Herren der Schöpfung auf diese Weise zur Reparatur der maroden Trinkwasserleitungen zu zwingen; der Vorfall inspirierte den Regisseur Veit Helmer zu seinem Kinomärchen "Absurdistan".

Aus einem Sitzstreik wird ein Sexstreik

Im Drehbuch von Iris Uhlenbruch und Bettina Börgerding geht es naturgemäß um ein moderneres Problem. Der Bürgermeister (Martin Brambach) des vom Strukturwandel gebeutelten Ortes Schönstetten hat einen Königsweg gefunden, um die leeren Stadtkassen zu füllen und Arbeitsplätze zu schaffen: Dank seiner guten Kontakte wird die ohnehin nicht ausgelastete örtliche Mülldeponie Abfall aus Italien verwerten; es winken 50.000 Euro pro Tag. Einzig Julia (Elena Uhlig), die Sekretärin des Bürgermeisters, misstraut dem Geldsegen und nimmt sich das umfangreiche italienische Vertragswerk vor, das ihr Chef ungelesen unterschrieben hat. Tatsächlich stößt sie auf Ungereimtheiten, zumal der Auftraggeber angeblich der Mafia nahe steht und schon in verschiedene Umweltdelikte verwickelt war. Julias Gatte Martin (Henning Baum), froh, als Ökologie-Beauftragter der Deponie endlich wieder einen Job zu haben, wiegelt ab. Mit dem Aufschwung mehren sich allerdings die Anzeichen, das irgendetwas nicht stimmt. Durch ein Missverständnis wird aus Julias Aufruf an ihre Freundinnen, sich vor der Deponie zum Sitzstreik zu treffen, ein Sexstreik.

Mit Elena Uhlig und Henning Baum

Das durchaus brisante Thema dient Regisseur Thomas Nennstiel allerdings nur als Vorwand für eine Komödie, in der letztlich nicht Schönstetten vor hochgiftigen Schwermetallen, sondern die Ehe von Julia und Martin gerettet werden soll. Natürlich sorgt der Sexstreik für einige witzige Momente, und schon allein die "Wiedervereinigung" von Elena Uhlig und Henning Baum, das Team aus "Mit Herz und Handschellen", ist den Film wert. Die Darsteller (unter anderem noch Petra Kleinert und Liane Forestieri) sind ohnehin sehenswert. Und die beiden Autorinnen haben sich einige hübsche Szenen ausgedacht, die – gemessen am Potenzial des Sujets – vergleichsweise subtil ausgefallen sind.


Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" und die "Frankfurter Rundschau" mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).