Zuviel Schnee: Das Streusalz wird knapp

Zuviel Schnee: Das Streusalz wird knapp
Gigantische Schaufelbagger pflügen durch die riesige weiße Wüste mit ihren meterhohen Salzdünen. Im Minutentakt wuchten sie tonnenweise Streusalz auf die großen Anhänger der wartenden Lastwagen. Und doch ist es noch zu wenig. Deutschland braucht dringend Salz und zwar Streusalz.

Gigantische Schaufelbagger pflügen durch die riesige weiße Wüste mit ihren meterhohen Salzdünen. Im Minutentakt wuchten sie tonnenweise Streusalz auf die großen Anhänger der wartenden Lastwagen. Und doch ist es noch zu wenig. Deutschland braucht dringend Salz und zwar Streusalz. Seit Wochen fällt immer wieder neuer Schnee und wegen der anhaltenden Minustemperaturen bleibt die weiße Pracht auch liegen. Die Winterdienste haben alle Hände voll zu tun und einigen geht mittlerweile das Streusalz aus. Bei den Herstellern läuft daher die Produktion des "weißen Goldes" auf Hochtouren.

Salz glänzt und funkelt an den Wänden

Auch der größte europäische Salzhersteller Esco (European Salt Company) mit Sitz in Hannover baut mittlerweile rund um die Uhr das wertvolle Mineral ab - auch am Wochenende und an Feiertagen. "Wir hatten in den letzten zwei Wochen so viele Anfragen wie sonst in mehreren Monaten nicht", zieht Sprecher Holger Bekemeier am Dienstag nach den eiskalten Winterwochen Bilanz.

Mehrere hundert Meter rauscht der Fahrstuhl in die Tiefe des Salzbergwerkes. Etwa 500 bis 700 Meter muss der Lift zurücklegen. Das Salz glänzt und funkelt an den Wänden. Um es abzubauen, müssen die Bergleute das Steinsalz entweder in Blöcken herausfräsen oder sprengen - wie in einem Steinbruch. Über Tage wird es schließlich gereinigt, gesiebt und gemahlen. Ein Großteil davon wird zu Auftausalz verarbeitet. Weitere Schwerpunkte sind Chemie- und Gewerbesalze. "Unsere Salze werden zum Beispiel auch für Lecksteine für Pferde oder für Salztabletten für die Geschirrspülmaschine genutzt", sagt Bekemeier.

"Nachschubsituation durchaus ein wenig angespannt"

Dort wo jetzt das kostbare Mineral abgebaut wird, schwammen vor über 200 Millionen Jahren noch Fische im Meer. Das verdunstete Meerwasser hinterließ schließlich feinstes Salz. Esco ist ein Unternehmen des Düngemittelherstellers K+S aus Kassel und baut in Deutschland in Niedersachsen (Grasleben), Sachsen-Anhalt (Bernburg) und Nordrhein-Westfalen (Rheinberg) Salz ab. Etwa 1.300 Mitarbeiter arbeiten dort, die Hälfte von ihnen unter Tage. Sechs Millionen Tonnen Salz werden im Jahr produziert, der Umsatz liegt bei rund 400 Millionen Euro. Die Abbauorte sind so groß, dass die Werke sogar eigene Bahnanschlüsse haben. Täglich liefert Esco mehrere 10.000 Tonnen Salz.

Eigentlich genug, um im Winter für geräumte Straßen zu sorgen. "Die extremen Wetterbedingungen machen es uns derzeit allerdings schwer", erläutert Bekemeier. Normalerweise liefert der größte europäische Salzhersteller innerhalb von 48 Stunden. Das ist zurzeit aber nicht zu schaffen. Um den Ansturm bewältigen zu können, muss der Hersteller Schwerpunkte setzen. Mehr als 80 Prozent der Esco-Kunden sind Kommunen und Straßenmeistereien. "Es erhalten die Kunden zuerst Auftausalze, die für Autobahnen und überregionale Hauptstraßen zuständig sind." Aus dem Grund sei die "Nachschubsituation durchaus ein wenig angespannt". Von enormen Lieferengpässen könne aber nicht die Rede sein.

Dörfer müssen Engpass mit Granulkat und Sand überbrücken

Das bestätigt auch die Autobahnmeisterei in Hannover. "Die Lieferung geht gut voran. Wenn das so weiter geht, bin ich ganz zuversichtlich", sagt der Leiter Andreas Kaßner. Auch die Lagerhallen und Silos seien noch sehr gut gefüllt. Auch der Hannoversche Winterdienst ist noch gut ausgestattet und hat keine Probleme mit der Nachbestellung. "Normalerweise brauchen wir in einem Winter durchschnittlich 1.500 Tonnen Streusalz. In den letzten Wochen haben wir aber schon rund 2.300 Tonnen verbraucht", sagt eine Sprecherin.

In den kleineren Städten und Dörfern sieht es dagegen ganz anders aus: Sie warten lange auf Nachschub und holen ihr Salz zum Teil palettenweise in den Baumärkten. Das verschärft auch die Situation in den Verbrauchermärkten. Die Wirtschaftsbetriebe der Stadt (WBO) müssen die Streufahrzeuge seit Mittwoch mit Granulat und Sand befüllen, um die Lieferengpässe beim Streusalz zu überbrücken. "Wir sind im Moment dabei alles abzutelefonieren, um irgendwo in Europa an Streusalz zu kommen", sagte Heinz van Gemmeren, kaufmännischer Leiter der WBO. Bis jetzt sei in dieser Wintersaison fast doppelt so viel Salz auf Oberhausens Straßen gestreut worden wie in anderen Jahren, nämlich rund 1.300 Tonnen. Normalerweise komme die Stadt mit etwa 700 Tonnen pro Jahr hin.

Um schnell für Streusalz-Entwarnung sorgen zu können, räumt Esco jetzt die Lager leer. "Teilweise liefern wir sogar direkt aus der Produktion heraus." Der Deutsche Wetterdienst sagt den nächsten Schnee erst für das Wochenende an. "Wenn es mal zwei, drei Tage nicht schneit, kann sich die Lage auch schnell wieder entspannen", ist Bekemeier zuversichtlich.

dpa