Die Bilder im Fernsehen ließen einen manchmal erschrecken, sagte der württembergische evangelische Landesbischof Frank Otfried July in einer Videoansprache im Internet. Gott habe aber ein "Dennoch" gegen alle Schrecken und Katastrophen zugesagt. Daher "wagen wir unseren Weg durch diese Welt", Gut sei es, dass es aufrichtende Worte gibt, wie die biblische Jahreslosung für das Jahr 2010: "So setzen wir uns weiterhin dafür ein, dass diese Welt für alle Menschen bewohnbar bleibt, dass der Hunger bekämpft wird und das Zusammenleben friedlicher wird."
Die christlichen Kirchen haben das Jahr 2010 unter das Leitwort "Jesus Christus spricht: Euer Herz erschrecke nicht! Glaubt an Gott und glaubt an mich!" aus dem Johannesevangelium (Joh 14,1) gestellt. Die Losung sei eine gute Lebensgrundlage für die Menschen, so der bayerische Landesbischof Johannes Friedrich. Sie verharmlose nicht die Probleme der Welt, sondern setze sie in die richtige Relation, betonte er in einem geistlichen "Wort zum Jahreswechsel". Das Bibelzitat erinnere die Menschen daran, dass die Schwierigkeiten und Schrecken nicht das letzte Wort behalten und das Leben bestimmen. Mit diesem Fundament "brauchen wir uns nicht von den bedrohlichen Nachrichten, die uns täglich erreichen, unterkriegen lassen".
Jeden Tag 500 Katastrophenmeldungen
Der Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, Alfed Buß, appellierte zum Jahreswechsel, sich durch Schreckensmeldungen nicht lähmen zu lassen. Angesichts von rund 500 Katastrophenmeldungen pro Tag wäre dies zwar durchaus verständlich, räumte Buß im Bielefelder "Westfalen-Blatt" (Donnerstag) in einem Beitrag zur Jahreslosung 2010 ein. "Aber im Schrecken zu verharren, wäre fatal." Glaubenserfahrungen und Erinnerungen an Gottes Beistand schenkten ein festes Herz.
Die Praxis der Losungen hat ihren Ursprung in der pietistisch geprägten Herrnhuter Brüdergemeine (Evangelische Brüder-Unität). 1731 gab Graf Nikolaus von Zinzendorf (1700-1760), der Gründer dieser religiösen Gemeinschaft, erstmals nach dem Zufallsprinzip ermittelte Bibelpassagen in einem Buch als sogenannte Tageslosungen heraus. Jahreslosungen gibt es erst seit den 1930er Jahren. Heute werden diese von der Ökumenischen Arbeitsgemeinschaft für Bibellesen ausgewählt.
Gedenkjahr für Philipp Melanchthon
Der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche der Pfalz, Christian Schad, hob die Verantwortung der Kirchen für die Bildung hervor. Besondere Gelegenheit dazu biete das für 2010 ausgerufene Gedenkjahr aus Anlass des 450. Todestages von Philipp Melanchthon. Der protestantische Reformator sei schon von seinen Zeitgenossen als "Lehrer Deutschlands" gewürdigt worden. Durch seine Schul- und Universitätsreformen habe er wesentlich die Bildungsvorstellungen der europäischen Moderne mitgeprägt.
Der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Volker Jung, rief für das neue Jahr zu Optimismus auf. Er habe dabei vor allem Menschen im Blick, denen ein Grundpfeiler des Lebens wegbreche, weil sie etwa von einem Ehepartner verlassen werden oder den Arbeitsplatz verlieren. Einfache Trostsprüche hätten in solchen Situationen keine Kraft, schreibt Jung. "Kopf-hoch-Appelle oder Wird-schon-wieder-Sätze mögen diejenigen entlasten, die sie aussprechen. Aber den Betroffenen helfen sie nicht." Die christliche Botschaft biete hier heilsamen Trost.
Bundeswehr-Auslandseinsätz bereiten Sorgen
Der Berliner katholische Erzbischof Georg Sterzinsky rief zu einer "Kultur der Achtsamkeit" auf. Wenn dies gelänge, werde 2010 ein gutes Jahr "mit menschlicher und vor allem mit göttlicher Hilfe", betonte der Kardinal in einem RBB-Hörfunkbeitrag. Zu den Sorgen, die vielen auch im neuen Jahr zu schaffen machen, zählt Sterzinsky die gegenwärtigen Auslandseinsätze der Bundeswehr.
Mecklenburgs evangelische Landesbischof Andreas von Maltzahn trat für einen wirksamen Klimaschutz ein. Im Vertrauen auf Gott "können wir Lähmung und Ratlosigkeit überwinden und unsere Möglichkeiten ergreifen", erklärte er in seiner in Schwerin verbreiteten Neujahrsbotschaft. Es tue gut, im Vertrauen auf Gott Verantwortung zu wagen, heißt es darin. Jeder Einzelne könne in seinem Verantwortungsbereich für klimabewusstes Verhalten und Wirtschaften eintreten.