Zusatzbeiträge für Kassen "auf Dauer nicht praktikabel"

Zusatzbeiträge für Kassen "auf Dauer nicht praktikabel"
Wenige Tage vor dem Jahreswechsel ist angesichts zu erwartender Beitragssteigerungen eine Debatte über die Zukunft der gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland entbrannt. Zusatzbeiträge werden 2010 die Regel werden, meint Gerd Glaeske, Mitglied des Sachverständigenrates zur Begutachtung der Entwicklung im deutschen Gesundheitswesen. Die SPD kritisiert die Regierungspläne, auch ein Gesundheitsexperte der CDU sagt, das System der Zusatzbeiträge sei "auf Dauer nicht praktikabel".

Die Zusatzbeiträge müssten zur Normalität werden, "weil viele Kassen schon im nächsten Jahr ohne diese Zusatzbeiträge mit den Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds nicht auskommen", sagte Glaeske am Montag in einem epd-Gespräch. Der Bund hatte die Steuerzuschüsse für den Fonds auf mehr als 15 Milliarden Euro aufgestockt. Bei 170 Milliarden Euro Gesamtvolumen ist das allerdings weniger als ein Zehntel. Glaeske rechnet damit, dass mittelfristig alle gesetzlichen Kassen Zusatzbeiträge erheben müssen: "Es war immer klar, dass der Gesundheitsfond nur 95 Prozent der Ausgaben abdeckt."

Nach einem Bericht der "Berliner Zeitung" (Montagsausgabe) will die schwarz-gelbe Koalition das System der Zusatzbeiträge überprüfen. Der CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn sagte, mit Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) sei vereinbart, dass über das System der Zusatzbeiträge in der geplanten Regierungskommission für die Gesundheitsreform beraten werde. "So, wie die Zusatzbeiträge derzeit angelegt sind, sind sie auf Dauer leider nicht praktikabel", sagte Spahn. Die Kappung des Zusatzbeitrags bei einem Prozent des Einkommens führe dazu, dass eine Kasse von anderen Versicherten einen umso höheren Beitrag nehmen müsse. "Diese Spirale funktioniert nur eine begrenzte Zeit", sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete.

Defizit der Krankenkassen 2010: 7,5 Milliarden Euro

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach kritisierte die Regierungspläne scharf. Die zu erwartenden Zusatzbeiträge seien "eine oft nicht mehr verkraftbare Lohnkürzung", sagte Lauterbach der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Montagsausgabe). Die SPD werde konkrete Vorschläge unterbreiten, wie die Zusatzbeiträge zu verhindern seien.

Die gesetzliche Krankenversicherung wird nach Expertenprognosen wegen der Wirtschaftskrise im nächsten Jahr ein Defizit von rund 7,5 Milliarden Euro erreichen. Der Bund hat zugesagt, rund die Hälfte davon durch Steuermittel auszugleichen. Aus dem verbleibenden Defizit ergibt sich rein rechnerisch ein Zusatzbetrag von sechs Euro.

Minister Rösler sagte der "Bild"-Zeitung (Montagsausgabe), eine gute Gesundheitsversorgung koste ihren Preis. Das wolle er jedoch nicht als Freibrief für baldige Beitragssteigerungen der Krankenkassen verstanden wissen. "Durch mehr fairen Wettbewerb im Gesundheitssystem kann auch Geld gespart werden, ohne dass Leistungen eingeschränkt werden", sagte der FDP-Politiker.

Der Bremer Gesundheitsökonom Glaeske forderte eine verlässliche Finanzierung für das Gesundheitssystem. Sie müsse auch Einnahmequellen wie Kapital- und Mieteinkünfte einschließen. Glaeske: "Jeder Bundesbürger muss in die gesetzlichen Kassen einzahlen."

epd