Mini-Einigung in Kopenhagen - Umweltschützer enttäuscht

Mini-Einigung in Kopenhagen - Umweltschützer enttäuscht
In Kopenhagen haben sich die wichtigsten Staats- und Regierungschefs auf Minimalziele zum Klimaschutz geeinigt. Die Formulierungen sind allerdings äußerst schwammig. Klimaschützer zeigen sich schon jetzt enttäuscht. Die Klimaziele für die Industrieländer waren bereits vorher schon bekannt.

Nach tage- und nächtelangem Ringen hat der Klimagipfel Freitagnacht ein minimales Zwischenziel erreicht. 25 Staaten aus allen Verhandlungsgruppen einigten sich auf Eckpunkte für eine Vereinbarung von Kopenhagen. In der Nacht sollte das Papier noch dem Gipfel-Plenum vorgelegt werden, in dem 193 Staaten jedem Punkt zustimmen müssen. Greenpeace nannte den Entwurf ernüchternd. Der politische Chef von Germanwatch, Christoph Bals, sagte: "Die Substanz ist erbärmlich schwach." Die Staatschefs sollten gleich einen neuen Termin vereinbaren.

Der Entwurf enthält die Klimaziele für Industrieländer, die sie selbst bereits vorgelegt hatten: Die EU will ihre Emissionen von 1990 bis 2020 um 20 bis 30 Prozent reduzieren, Japan um 25 Prozent. Die USA haben vorgeschlagen, ihre Treibhausgase von 2005 bis 2020 um 14 bis 17 Prozent zu reduzieren. Schwellenländer können ihre Effizienz freiwillig steigern: China hat das Ziel, den Treibhausgasausstoß im Vergleich zum Wirtschaftswachstum um 40 bis 45 Prozent bis 2020 zusenken.

Obama: Noch weiter Weg

Die Industrieländer geben "neue und zusätzliche" Klimahilfen: Zusammen insgesamt 30 Milliarden Dollar für 2010 bis 2012. Ab 2020 wollen sie zudem rund 100 Milliarden Dollar für die umweltfreundliche Entwicklung ärmerer Länder stellen.

US-Präsident Barack Obama hat von einem "bedeutenden und beispiellosen Klimaabkommen" gesprochen. Es sei aber nicht bindend und bei weitem nicht ausreichend. "Wir sind ein Stück vorangekommen, aber wir haben noch einen weiten Weg vor uns", sagte Obama nach Verhandlungen mit mehreren Staatschefs, darunter Chinas Premier Wen Jiabao, vor Journalisten.

Die drei Kernpunkte des Deals seien die Reduzierung von Emissionen, Transparenz und Finanzierung. "Zum ersten Mal in der Geschichte sind alle großen Wirtschaftsnationen zusammengekommen und haben die Verantwortung dafür übernommen, etwas gegen den Klimawandel zu tun", sagte Obama. Er habe sich mit Vertretern aus Indien, China, Brasilien und Südafrika getroffen, und die Staaten hätten "zugesagt, den globalen Temperaturanstieg auf zwei Grad zu begrenzen." Dies sei allerdings nicht verbindlich festgelegt worden.

Tiefe Gräben zwischen Arm und Reich

Obama sagte, die Einigung sehe vor, dass alle Länder ihre Klimaschutzmaßnahmen überprüfen lassen. Dies bezog sich vor allem auf China, das sich bisher geweigert hatte. Obama musste den Gipfel vor der Abstimmung verlassen, um einem vorausgesagten Schneesturm für die US-Hauptstadt Washington zuvorzukommen.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihre Amtskollegen hatten am alles entscheidenden Tag hinter den Kulissen unablässig versucht, die heißen Eisen aus dem Feuer zu holen. Die Kanzlerin suchte in Gesprächen mit US-Präsident Barack Obama und anderen Staatenlenkern nach Lösungen, wie die Industrieländer Verantwortung im Kampf gegen den Klimawandel übernehmen können. Die Gräben zwischen Arm und Reich und den aufstrebenden Ländern wie China und Indien waren aber so riesig, dass es eher im Schneckentempo voranging. Der von vielen herbeigesehnte US-Präsident warnte zwar in seiner Plenumsrede angesichts der bedrohlichen Erderwärmung eindringlich vor einem Versagen in Kopenhagen. Obama legte jedoch nichts Neues auf den Tisch.

Schließlich wurde eine Gruppe von rund 25 Ländern gebildet, darunter Vertreter der armen und der reichen Länder, die eine politische Erklärung formulieren sollten. Diese Deklaration soll den zwei bisherigen UN-Verhandlungstexten zum Klimaschutz vorangestellt werden. Der Mini-Gipfel der rund 30 Länder tagte die Nacht zum Freitag durch - Minister und ihre Chefs wechselten sich ab.

Wachsweiche Formulierungen

Der Entwurf, der in der Nacht vorlag, hatte jedoch wachsweiche Formulierungen. "Die 2-Grad-Celsius Gefahrengrenze für die globale Erwärmung in diesem Jahrhundert wird nur zur Kenntnis genommen, aber nicht als Ziel beschlossen", kritisierte etwa der Klimachef von Greenpeace International, Martin Kaiser. Das ist kaum mehr das, was die G8-Staaten auf ihrem Gipfel in L'Aquila für sich vereinbart hatten. Laut Weltklimarat wäre eine darüber hinausgehende Erwärmung katastrophal für Mensch und Natur.

Die Zahl der bis zum Schlusstag ungeklärten Punkte und die lange Zeit, in der auf dem Gipfel lediglich Verfahrensfragen geklärt wurden, war einmalig selbst in den 15 Jahren der UN-Klimakonferenzen. Sollte der Entwurf vom Plenum verabschiedet werden, wäre er politisch bindend, nicht aber völkerechtlich.

Besonders prekär: In den letzten Konferenztagen wurden fast alle Klimaschützer aus dem 15 000 Menschen fassenden Bella Center ausgeschlossen. Da mehr Menschen vom UN-Klimasekretariat eine Zusage erhalten hatten als in das Konferenzzentrum passen, und auch viele Spitzenpolitiker erst in den Wochen vor der Konferenz zugesagt hatten, mussten sie in den letzen Konferenztagen weichen. Die Klimaorganisationen, ohne deren Druck solche Konferenzen vermutlich niemals entstanden wären, durften insgesamt 46 Vertreter in die Schlussphase der Konferenz senden.

dpa