Rechtsextreme: Neue Subkulturen und 20.000 Straftaten

Rechtsextreme: Neue Subkulturen und 20.000 Straftaten
Die Zahl rechtsextremistischer Straftaten bleibt 2009 nach Einschätzung des Bundeskriminalamts auf Rekordniveau. Dabei treten neue Subkulturen an die Stelle der Skinheads.

Die Zahl rechtsextremistischer Straftaten bleibt in diesem Jahr nach Einschätzung des BKA auf Rekordniveau. Im vergangenen Jahr war mit mehr als 20.000 Delikten der höchste Wert seit Einführung eines neuen Zählsystems 2001 erreicht worden. Nun seien ähnliche Zahlen zu erwarten - auch bei rechten Gewaltdelikten, sagte der Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), Jörg Ziercke, am Donnerstag in Berlin. Die Politik warnte er davor, angesichts leerer öffentlicher Kassen bei Gegenmaßnahmen zu sparen. Nötig seien eine konsequente Strafverfolgung, die Einschränkung rechtsextremer Propaganda im Internet sowie der Ausbau von Aussteigerprogrammen.

So müssten Aussteigerprogramme für Rechtsextremisten weitergeführt werden. Nötig sei auch eine konsequente Strafverfolgung, sagte Ziercke. In Deutschland gebe es pro Tag durchschnittlich zwei bis drei rechte Gewalttaten. "Pro Monat ereignen sich etwa drei antisemitisch motivierte Gewaltdelikte." Die rechte Szene umfasse in Deutschland rund 30.000 Menschen, davon gelte etwa ein Drittel als gewaltbereit. "Das ist eine erschreckende Situation, vor der wir stehen", sagte der BKA-Präsident.

Statt Skinheads haben neue rechte Subkulturen Zulauf

Dabei sei eine Abkehr von der Skinhead-Subkultur hin zu neuen rechten Subkulturen festzustellen, so Ziercke weiter. Als Beispiel nannte er den Anstieg der sogenannten autonomen Nationalisten, die bei ihrem Auftreten bewusst auf das Vorbild der linken autonomen Bewegung zurückgreifen. "Die autonomen Nationalisten sind fester Bestandteil des Neonazismus geworden", sagte Ziercke. Bei einem Zusammentreffen von autonomen Nationalisten und linksradikalen Autonomen komme es von beiden Seiten verstärkt zur gewalttätigen Übergriffen auf die Polizei. "Die Hemmschwelle sinkt", erklärte Ziercke.

Nach seinen Worten zeichnet sich rechte Gewalt durch eine besondere Brutalität aus. Es gebe daher "besondere Gefahren für Leib und Leben" möglicher Opfer. Seit der Wiedervereinigung 1990 gab es 47 Mordopfer rechter Gewalt. Rechte Gewaltdelikte würden überwiegend an Bahnhöfen oder anderen öffentlichen Plätzen verübt, erläuterte der BKA-Präsident. Häufig spiele Alkohol eine Rolle.

Wahlerfolge der NPD haben mobilisierende Wirkung

Die meisten rechtsmotivierten Straftaten werden - bemessen nach absoluten Zahlen - in den alten Bundesländern verübt. Stellt man die Zahlen in Relation zu den Einwohnerzahlen, liegt der Schwerpunkt aber laut Ziercke in den neuen Ländern und Berlin. Wahlerfolge der NPD könnten eine mobilisierende Wirkung auf die rechte Szene haben. Dann sei auch mit mehr Zusammenstößen zwischen rechten und linken Gruppen zu rechnen, sagte Ziercke und bezog sich dabei auch auf eine neue Studie des Hannah-Arendt-Instituts für Totalitarismusforschung. Das Institut hatte die NPD-Wahlmobilisierung und politisch motivierte Gewalt in Sachsen und Nordrhein-Westfalen untersucht.

Die Studie zeigt laut Ziercke unter anderem, dass Mehrfach- und Intensivtäter an einigen Brennpunkten rechter Gewalt eine wichtige Rolle spielen. Die Sicherheits- und Sozialbehörden müssten sich daher verstärkt auf diese Täter konzentrieren. Ein Schwerpunkt rechter Gewalt in Sachsen sei die Sächsische Schweiz. In Nordrhein-Westfalen sei das Ruhrgebiet überproportional betroffen.

dpa/epd