Kalinkas Vater wird nicht nach Deutschland ausgeliefert

Kalinkas Vater wird nicht nach Deutschland ausgeliefert
Der leibliche Vater des vor 27 Jahren getöteten Mädchens Kalinka wird nicht nach Deutschland ausgeliefert. Das Landgericht in Toulouse lehnte am Donnerstag den Auslieferungsantrag der Staatsanwaltschaft Kempten wegen des Verdachts der gemeinschaftlichen Freiheitsberaubung ab. Der 72 Jahre alte Franzose hatte zugegeben, im Oktober die Entführung des deutschen Arztes und Stiefvaters Kalinkas, Dieter K., nach Frankreich eingefädelt zu haben.

Das Gericht begründete die Entscheidung gegen die Auslieferung des Franzosen André Bamberski damit, dass in Frankreich ebenfalls in dem Entführungsfall ermittelt wird - dieses Verfahren habe Priorität. Bamberski (72), der Vater Kalinkas, hält den deutschen Arzt K. (74) für den Mörder seiner Tochter und wollte ihn der Justiz übergeben.

Polizeibeamte hatten Dieter K. Ende Oktober gefesselt und mit Kopfverletzungen im elsässischen Mülhausen gefunden. Seitdem ist der 74 Jahre alte Mediziner in Paris inhaftiert. Die Bundesregierung setzt sich für die Freilassung von K. ein. Dieter K. hatte der damals 15-jährigen Kalinka 1982 am Bodensee eine Spritze gegeben, an der das Mädchen starb. Er soll beabsichtigt haben, Kalinka zu vergewaltigen.

1995 war Dieter K. in Frankreich in Abwesenheit wegen vorsätzlicher Körperverletzung mit Todesfolge zu 15 Jahren Haft verurteilt worden. Er hatte die Strafe jedoch nie verbüßt, weil Deutschland ihn nicht nach Frankreich ausgeliefert hatte. Ein deutsches Gericht hatte ihn zudem freigesprochen, weil die Todesursache des Mädchens nicht genau zu ermitteln war. Das Verfahren soll demnächst in Paris neu aufgerollt werden.

Entführung aus Mitgefühl?

Der Vater Kalinkas ist auf freiem Fuß und hat bestritten, an der Entführung direkt beteiligt gewesen zu sein. Im Oktober allerdings hatte er nach Angaben von dpa noch zugegeben, die Entführung eingefädelt zu haben. Einer der mutmaßlichen Kidnapper, ein 38 Jahre alter Mann, hatte vor einem Ermittlungsrichter in Mülhausen nach Angaben seines Anwalts erklärt, er habe aus "Mitgefühl und Menschlichkeit" für den Vater gehandelt, ohne Geld dafür verlangt zu haben. "Er hat über den Fall in einer Zeitung gelesen und Kontakt zu Bamberski aufgenommen", sagte der Anwalt Ludwig Wehr im französischen Rundfunk.

Seit Jahren setzen sich der Vater und eine französische Initiative ("Gerechtigkeit für Kalinka") dafür ein, den deutschen Arzt vor Gericht zu bringen. Zuletzt forderten sie in einem Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsidenten Nicolas Sarkozy, "Missstände" in der Justiz beider Länder zu beenden, die einer Verurteilung des Täters entgegen stünden.

Dieter K. wurde 1997 in Deutschland wegen einer anderen Sexualstraftat verurteilt. Er bekam zwei Jahre Haft auf Bewährung, weil er in seiner Praxis eine 16-Jährige mit Schlafmitteln ruhiggestellt und vergewaltigt hatte. Gegen das ihrer Ansicht nach zu milde Strafmaß hatten Frauengruppen protestiert.

dpa