Finanztransaktionssteuer: Etappensieg für Kampagne

Finanztransaktionssteuer: Etappensieg für Kampagne
Eine Anhörung im Bundestags-Petitionsausschuss hat man per Online-Petition durchgesetzt. Nun will die Kampagne "Steuer gegen Armut" in CDU und CSU um Unterstützer werben.
08.12.2009
Von Ulrich Pontes

50.000 Unterzeichner innerhalb von drei Wochen - das ist das erforderliche Quorum bei öffentlichen Petitionen, damit die Eingabe dann tatsächlich vom Petitionsausschuss des Parlaments in öffentlicher Sitzung behandelt wird. Diese Mindestzahl hat die Kampagne "Steuer gegen Armut" des Jesuitenpaters Jörg Alt, die eine Besteuerung von Finanztransaktionen durchsetzen will, nach Angaben des Petitionsausschusses erreicht: Zu den etwa 34.000 Online-Mitzeichnern innerhalb der ersten drei Wochen kämen noch rund 20.000 Unterschriften auf Papier, erklärte ein Sprecher.

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Dies sei ein "großer Etappenerfolg", freut sich der Initiator Jörg Alt in einer E-Mail, die am Montagabend an registrierte Unterstützer der Kampagne ging. Alt zitiert in dem Schreiben auch einen Brief der Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland, Margot Käßmann, in dem sie schreibt: "Die Evangelische Kirche unterstützt die Bemühungen für eine Finanztransaktionssteuer." Käßmann verweist dazu auf den aktuellen EKD-Text "Transparenz und Gerechtigkeit - Aufgaben und Grenzen des Staates bei der Besteuerung", der das Thema aufgreift - allerdings nur in einer kurzen Bemerkung weiter hinten im Dokument. Siehe dazu den vollständigen EKD-Text (pdf), Ziffer 77, sowie die Pressemitteilung zum EKD-Text.

Merkel offen, FDP dagegen

In der schwarz-gelben Koalition haben sich unterdessen Differenzen zu der Steuer aufgetan, die die Finanzakteure an den Kosten der Wirtschaftskrise beteiligen und riskante Spekulationsgeschäfte eindämmen helfen soll. Im Wahlkampf hatte die Kanzlerin - nachdem der Vorschlag von der SPD ins Spiel gebracht worden war - zugesagt, die Chancen einer solchen Steuer auf internationaler Ebene auszuloten. Denn nur wenn alle wichtigen internationalen Finanzplätze mitzögen, mache die Steuer Sinn. Daran hält Angela Merkel nach wie vor fest: Man wolle die Haltung der 20 wichtigsten Wirtschaftsnationen (G20) abwarten und dann über eine Steuer auf weltweite Finanztransaktionen entscheiden, sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm am Montag. Die G20 würden auf ihrem Herbsttreffen 2010 in Südkorea über das Thema beraten.

Diese Bekräftigung seitens Merkel war auch ein Seitenhieb gegen den Koalitionspartner: Am Wochenende hatte nämlich Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel (FDP) erklärt: "Die Transaktionssteuer ist nicht Bestandteil des Koalitionsvertrags, also wird es sie in dieser Legislaturperiode auch nicht geben." Die Regierung sei angetreten, um Steuern zu senken, nicht um neue zu erheben. Und am Montag legte der Obmann der FDP-Fraktion im Finanzausschuss, Frank Schäffler, nach und erklärte, eine "Finanztransaktionssteuer würde bei Kleinsparern abkassieren".

Steuer wirkt vor allem auf kurzfristige Geschäfte

Bei Sparern abkassieren ist indes das genaue Gegenteil dessen, was die von zahlreichen Entwicklungsorganisationen und Gewerkschaften unterstützte Aktion "Steuer gegen Armut" bezweckt. Das Konzept der Finanztransaktionssteuer geht auf die "Tobin-Steuer" zurück. Anders als diese sieht es aber nicht nur vor, Währungsspekulationsgeschäfte mit einer (geringen) Abgabe zu belegen, sondern jede Art von Transaktionen, die auch für Spekulationen geeignet sind - also etwa Geschäfte mit Währungen, Aktien, Investmentfonds oder Rohstoffen.

Der Steuersatz soll dabei sehr gering sein, die Kampagne "Steuer gegen Armut" schlägt einen Satz zwischen 0,01 und 0,1 Prozent des umgesetzten Betrags vor. Somit fiele die Steuer bei langfristigen Investitionen etwa in Unternehmensanteile so gut wie gar nicht ins Gewicht; kurzfristige Spekulanten, die oft innerhalb eines Tages zahlreiche An- und Verkäufe tätigen, um von kleinsten Kursschwankungen zu profitieren, würden dagegen spürbar zur Kasse gebeten.

"Sympathiewelle der Opposition bringt nichts"

Unterstützung findet dieser Besteuerungsansatz im Übrigen nicht nur bei kirchlichen, globalisierungskritischen und Entwicklungsorganisationen: Bundespräsident Horst Köhler etwa sagte anlässlich der Einführung des Kabinetts am 28. Oktober, er halte es "für richtig, wenn sich Deutschland mit Nachdruck für eine Abgabe auf internationale Finanztransaktionen einsetzt", und "Steuer gegen Armut" führt auf der Kampagnen-Website zahlreiche Fürsprecher vom Sparkassenverband bis zu Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman auf.

Ob diese Unterstützung reicht, die Idee auch politisch durchzusetzen, ist indessen völlig offen. Klar für die Finanztransaktionssteuer haben sich bislang nur Politiker aus den Reihen der Opposition ausgesprochen. Und wann der Petitionsausschuss die öffentliche Anhörung ansetzen wird, ist unklar: Er hat zunächst noch einige Altlasten aus der vergangenen Legislaturperiode aufzuarbeiten. Zeit, die Kampagnen-Initiator Alt nutzen will, um auch Unionspolitiker für sein Anliegen zu gewinnen: "Es bringt uns überhaupt nichts, wenn wir auf der Sympathiewelle der Opposition zu einer Anhörung schweben, uns dann aber die Regierungskoalition aufgrund der Mehrheitsverhältnisse die lange Nase zeigt", schreibt der Jesuit an die Kampagnenunterstützer. Wichtig sei nun, dass die Online-Petition bis zum Ende der Mitzeichnungsfrist am 25.12. weitere Unterstützer finde und zahlreiche Nutzer von der Möglichkeit Gebrauch machten, von der Kampagnen-Website aus Forderungs-E-Mails an die Parteichefs der Koalitionspartner zu schicken.

Links: Website der Kampagne "Steuer gegen Armut", Online-Petition an den Bundestag

mit Material von dpa

Ulrich Pontes ist Redakteur für das Ressort Politik bei evangelisch.de.