WM-Auslosung: Weder Glückslos noch Hammergruppe

WM-Auslosung: Weder Glückslos noch Hammergruppe
Es ist nicht ganz so, wie es immer war. Wie jedes Mal haben wir gezittert, obs diesmal eine "Hammergruppe" wird. Aber dieser Kelch ist – wie immer – an den Deutschen vorübergegangen.
04.12.2009
Von Jörg Bollmann

Nein, in einer "Hammergruppe" müssen wir uns nicht durchsetzen. Aber das sprichwörtliche Glückslos haben die Deutschen dieses Mal auch nicht gezogen. Australien, Serbien und Ghana werden mit dem DFB-Team um den Einzug ins Achtelfinale kämpfen. Das sind Gegner, die niemand unterschätzen wird. Das sind aber auch Gegner, die ein deutsches Nationalteam in Normalform schlagen kann. Und muss, wenn es um einen Weltmeistertitel geht. Wie hat Bundestrainer Löw vor der Auslosung gesagt? "Wir nehmens, wies kommt." Wie kommt's denn?

Zum Auftakt kommt Australien, der vermeintlich schwächste Gegner in unserer Gruppe D. Viel Erfahrung hat unser Team nicht mit den Männern vom fünften Kontinent. Vor ein paar Jahren im Confed-Cup haben wir mal 4:3 gewonnen. Das Team um Kapitän Franz Beckenbauer hatte 1974 schon einmal bei einer WM die Aufgabe, Australien zu besiegen. Das gelang mit 3:0, und auch die DDR bezwang die Australier 1974 – mit 2:0. Der weitere Verlauf des Turniers ist bekannt: Die Bundesrepublik verliert gegen die DDR mit 0:1, kommt aber ins Finale, setzt sich gegen die Niederlande durch und wird Weltmeister. Ein gutes Omen für 2010?

Der stärkste Gruppengegner wartet auf die DFB-Elf nach dem Auftakt gegen Australien. Serbien hat eine sehr gute Qualifikation gespielt, unter anderem Frankreich ausgeschaltet. Dennoch: Im Lostopf mit den europäischen Mannschaften haben weit schwerere potenzielle Gegner gewartet. Frankreich oder Portugal hätten uns vor wesentlich größere Probleme gestellt. Experten wie Stefan Effenberg und Andreas Brehme waren sich nach der Auslosung ganz sicher: Deutschland kann das Achtelfinale mit drei Siegen und neun Punkten erreichen. Und auch Bundestrainer Löw machte einen geradezu entspannten Eindruck.

Elfenbeinküste bleibt DFB erspart

Denn im letzten Gruppenspiel gegen Ghana ist das deutsche Team auch klar favorisiert. Auch wenn Vorsicht geboten ist, denn in Ghana spielt mit Michael Essien ein Weltklassespieler. Aber auch hier gilt: Aus dem Topf mit den afrikanischen Mannschaften hätte ein stärkerer Gegner zugelost werden können. Mit der Elfenbeinküste müssen sich die Deutschen nun nicht auseinandersetzen. Das überlassen wir den Brasilianern und den Portugiesen, die zusammen mit Nordkorea die "Hammergruppe" bilden.

Es ist nicht ganz so, wie es immer war. Das erste Mal seit 1930, als das erste Fußballweltturnier in Uruguay ausgetragen wurde, findet der Kampf um den Weltmeistertitel in Afrika statt. Für den afrikanischen Kontinent ist das enorm wichtig. Das folkloristisch-bunte Rahmenprogramm am Abend der Auslosung hat angedeutet, was wir ab Juni 2010 erleben dürfen. "Afrika ist bereit", hieß es allenthalben. Wir sind es auch, geben wir zurück. So gesehen gerät die sportlich-spannende Frage, ob wir Deutschen die Gruppe D sportlich überstehen können, nicht gerade zur Nebensache aber doch zur Frage Nummer zwei. Frage Nummer eins lautet: Werden wir in Südafrika eine WM erleben dürfen, wie wir sie uns wünschen? Sportlich fair, fröhlich, gewaltfrei und gerne auch afrikanisch-folkloristisch? Das wünschen wir uns in erster Linie. Und dann haben wir nichts dagegen, wenn die deutsche Mannschaft weit kommt. Vielleicht sogar in Reichweite des FIFA-Weltpokals.


Über den Autor: Jörg Bollmann ist Direktor des Gemeinschaftswerks der Evangelischen Publizistik und Fußballfan.