Zum Verhängnis wurde Emig, dass seine frühere Tätigkeit als Leiter der HR-Sportredaktion höchstrichterlich mit dem Etikett "Amtsträgerschaft" versehen wurde. Diese rechtliche Konstruktion machte es erst möglich, dem langjährigen Kommentator der "Tour de France" und anderer Sport-Großereignisse überhaupt Bestechlichkeit vorwerfen zu können.
Über eine Tarnfirma hatte Emig zwischen 2001 und 2003 Produktionskostenzuschüsse von Sponsoren und Veranstaltern für regionale Sport-Sondersendungen abgewickelt - und sich dabei einen sechsstelligen Betrag in die eigene Tasche gesteckt. Damit hat er nach Ansicht des BGH nicht nur Geld veruntreut, sondern sich auch als Amtsträger bestechen lassen.
Quasi-Behörde
Nach dem Richterspruch aus Karlsruhe bleiben indes schwierige Fragen offen. Freuen sich ARD und ZDF wirklich darüber, dass ihre verantwortlichen Redakteure von nun an als Amtsträger im strafrechtlichen Sinn gelten? Schließlich haben die Sender-Manager jahrelang zusammen mit den Medienpolitikern der Bundesländer in Brüssel interveniert, um der EU-Kommission klarzumachen, dass die deutsche Rundfunkgebühr keine staatliche Beihilfe sei. Nun kommt der BGH und stellt fest, dass es sich bei den öffentlich-rechtlichen Anstalten um Quasi-Behörden handelt. Ein Argument, das Brüssel beim nächsten Streit über Auftrag und Grenzen von ARD und ZDF aufgreifen könnte.
Klärungsbedürftig erscheint auch der Widerspruch des BGH-Urteils zur Auffassung des Verwaltungsgerichts Köln. Dort unterlag vor kurzem der freie Journalist Marvin Oppong mit einer Klage gegen den Westdeutschen Rundfunk (WDR). Die Kölner Richter entschieden, der WDR müsse keine Auskünfte nach dem Informationsfreiheitsgesetz erteilen, weil der Sender keine Behörde sei und keine öffentliche Verwaltungstätigkeiten ausübe. Noch steht nicht fest, ob dieser Rechtsstreit in die nächste Instanz geht. Falls er irgendwann beim Bundesverwaltungsgericht landen und dieses die BGH-Auslegung nicht teilen sollte, könnte der seltene Fall eintreten, dass der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes zusammentreten muss.
Keine Bewährungsstrafe
Emig würde es nicht mehr viel nützen, wenn irgendwann eine späte Korrektur des BGH-Urteils erfolgen sollte. Freilich könnte er bereits jetzt Verfassungsbeschwerde einlegen. Sein Verteidiger Stefan Bonn ließ offen, ob von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht wird. Stützen könnte er sich möglicherweise nicht nur auf Widersprüche in der Rechtsprechung, sondern auch auf das Urteil des Landgerichts Leipzig gegen den früheren MDR-Sportchef Wilfried Mohren: Durch einen günstigen Deal mit dem Richter wurde Mohren wegen Bestechlichkeit und Vorteilsannahme zu lediglich zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Eine Bewährungsstrafe war auch Emigs Ziel. Mit dem BGH-Urteil vom Freitag ist sie in fast unerreichbare Ferne gerückt.
epd