Unternehmen lässt Mitarbeiter um Existenz wetteifern

Unternehmen lässt Mitarbeiter um Existenz wetteifern
Der Küchenhersteller Alno gibt seinen Standorten und Mitarbeitern bis 2012 Zeit, um zu zeigen, wer die profitabelsten sind. Die Standorte, die in der Abrechnung schlecht abschneiden, haben Pech gehabt.

Der Küchenmöbelhersteller Alno hat unter seinen knapp 1.800 Mitarbeitern einen Wettlauf um die Existenz entfacht: Bis Ende 2012 sollen alle vier Standorte zeigen, was sie können - die schlechtesten werden geschlossen.

Zu gerade einmal 45 Prozent seien die Werke der krisengeschüttelten Alno-Gruppe ausgelastet, sagte Vorstandschef Jörg Deisel (55). "Da kann man durch einfaches Ausmultiplizieren herausfinden, wie viele Werke ich hier und heute eigentlich bräuchte." Ob 2013 tatsächlich - wie Deisels Rechnung nahelegt - zwei Werke der Gruppe geschlossen werden, dazu sagt der Vorstandschef im Moment nichts. Bei den Mitarbeitern geht die Angst um.

Vier Standorte gehören derzeit zu der Gruppe: Im baden- württembergischen Pfullendorf produzieren 700 Mitarbeiter die Premium-Marke Alno, in Enger in Nordrhein-Westfalen stellen 560 Mitarbeiter Wellmann-Küchen her, die unter anderem bei Quelle verkauft werden und wegen der Insolvenz des Versandhändlers deutlich eingebüßt haben. Im sauerländischen Brilon arbeiten 260 Menschen beim Küchenhersteller Impuls und in Coswig-Klieken in Sachsen-Anhalt bauen 200 Mitarbeiter Küchen der Marke Pino, die im unteren Preissegment beispielsweise mit Ikea konkurriert.

Diese strikte Zuordnung einer Marke zu einem Werk soll in den kommenden Jahren aufgeschnürt werden. Dann wird jedes Werk auf Teile einer Küche spezialisiert sein und diese für alle vier Marken der Gruppe produzieren. Dadurch ergibt sich die Möglichkeit, Standorte zu schließen, ohne sich von der Marke trennen zu müssen.

Bei der Auslastung unterscheiden sich die Werke nicht besonders - die sei überall schlecht, sagt Deisel. Deshalb gebe es auch keine Vorentscheidung, welche Werke geschlossen werden. Erst Silvester 2012 wird abgerechnet: Für die Standorte, an denen nicht profitabel genug gearbeitet wird, geht das Licht aus. Viele Mitarbeiter empfinden das als enorme Belastung, für viele geht es um die Existenz. Und so wird versucht, aus jedem Satz, den Deisel sagt, irgendetwas über die Zukunft der Werke abzulesen.

Konzernsitz nach Düsseldorf verlegt

So sagt Deisel beispielsweise, die Fabriken in Coswig und Brilon böten nahezu optimale Produktionsbedingungen. Beide Werke stammen aus den 1990er Jahren. In Enger und Pfullendorf sei hingegen im Laufe von Jahrzehnten eine Fabrikhalle nach der anderen gebaut worden. Weil die Hallen nicht sonderlich gut aufeinander abgestimmt seien, ergäben sich für den Produktionsablauf immer wieder Hindernisse. Außerdem liegt Pfullendorf weit weg von allen wichtigen Verkehrsadern. Das ist einer der Hauptgründe, weshalb die Alno den Konzernsitz im kommenden Jahr von Pfullendorf nach Düsseldorf verlegt.

Einige sehen das als Tod auf Raten für den Standort in Baden- Württemberg. Aber Deisel verneint: "Noch ist nichts entschieden", betont er. Einen Bonus, weil Pfullendorf das Mutterhaus der Alno- Gruppe ist, gebe es aber nicht. "Das wäre sentimental. Tradition darf keine Fessel für die Zukunft sein."

In den vergangenen Jahren schrieb Alno regelmäßig Verluste, viele hundert Arbeitsplätze wurden abgebaut. Doch allmählich scheint Land in Sicht: Die Erlöse schrumpfen langsamer, von Januar bis September setzte Alno 361,6 Millionen Euro um, 5,5 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. 2008 lagen die Erlöse noch um 15,1 Prozent unter dem Wert von 2007. Im dritten Quartal verzeichnete die Gruppe einen Umsatzanstieg um 3,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Und vor Zinsen und Steuern (EBIT) stellt Alno für das laufende Geschäftsjahr sogar eine schwarze Zahl in Aussicht - nach Millionenverlusten in den Vorjahren.

dpa