GM streicht bei Opel 5.400 Stellen

GM streicht bei Opel 5.400 Stellen
Auf die Opel-Belegschaft kommen harte Zeiten zu: 5.400 Stellen will General Motors abbauen - das wäre jeder fünfte Arbeitsplatz. Immerhin sollen alle vier deutschen Werke erhalten bleiben.

Besonders bluten müssen die Werke in Rüsselsheim und Bochum. In ganz Europa sollen rund 9.000 Jobs wegfallen, kündigte der Europachef von General Motors (GM), Nick Reilly, am Mittwoch in Rüsselsheim an. Doch trotz Überkapazitäten sind alle vier Opel-Standorte in Deutschland gerettet. Opel-Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz kündigte Widerstand gegen den geplanten massiven Stellenabbau in Deutschland und Belgien an.

Mit endgültigen Zahlen zum Personalabbau ist Reilly zufolge Mitte Dezember zu rechnen, bis dahin werde es Gespräche mit den Beschäftigten geben. "Wir werden schwierige Entscheidungen treffen müssen", sagte er. "Wir erwarten einen Beitrag der Mitarbeiter und hoffen, Hilfe von den Regierungen zu bekommen." Der Manager drängte die Arbeitnehmervertreter zu einem schnellen Entgegenkommen. Bis Mitte Dezember werde GM "keine einseitigen Fakten" schaffen.

Betriebsrat und Gewerkschaft wollen kämpfen

Die Opel-Beschäftigten wollen kämpfen. "Der Betriebsrat und die IG Metall werden dieses Vorgehen, die Sanierung von Opel in Europa zulasten von Deutschland und Belgien durchzuziehen, nicht akzeptieren", sagte Franz. GM wolle bei Opel und Vauxhall in Europa 8.684 Arbeitsplätze abbauen. Davon sei der Opel-Stammsitz in Rüsselsheim besonders betroffen, wo knapp 2.500 Stellen gestrichen werden sollten - in der Fertigung, der Verwaltung und im Entwicklungszentrum. In Bochum gehe es um 1.800 Jobs, in Eisenach und Kaiserslautern um jeweils 300. Noch offen ist dort, wie es mit dem Getriebebau weitergeht. Zusammen sind es nach der Betriebsratsauflistung insgesamt 4.900 Stellen, die wegfallen sollen.

Franz bestätigte am Mittwoch zwar die prinzipielle Bereitschaft der Belegschaft, einen Beitrag für die Opel-Sanierung zu leisten. Dafür müsse GM aber Zugeständnisse machen, bisher gebe es nur schöne Worte. Weder die Umwandlung der Adam Opel GmbH in eine AG, noch die erweiterte Mitbestimmung seien zugesagt. Der europäische Betriebsrat fordert außerdem den Zugang Opels zu Märkten außerhalb von Europa.

Belgisches Werk bedroht

Nach Reillys Worten ist die Zukunft des Astra-Werkes im belgischen Antwerpen nach wie vor unsicher. Mehrfach war zuvor von Schließung die Rede. Eine Arbeitsgruppe solle verschiedene Möglichkeiten für den Standort ausloten. Neben Deutschland soll Belgien mit einem Abbau von mehr als 2.000 Arbeitsplätzen die größte Last schultern. Franz warf GM vor, sich nicht an bestehende Verträge halten, wonach in Antwerpen ein kleiner Sport-Geländewagen gebaut werden sollte. Daher stehe der Standort vor dem Aus.

Mit den Planzahlen spart General Motors in Deutschland drastischer als es der Opel-Kaufinteressent Magna geplant hatte, der rund 4.500 Jobs streichen wollte. Hingegen fällt der geplante Abbau bei Opel und Vauxhall in Europa mit insgesamt 9.000 Stellen glimpflicher aus als befürchtet. Magna wollte europaweit rund 10.500 Jobs streichen.

Die Zukunft der deutschen Standorte ist damit zwar gesichert, Deutschland muss aber die Hauptlast der Restrukturierung tragen. Unter anderem sollten 50.000 Einheiten des Astra Caravan statt in Rüsselsheim in England gebaut werden. "Wir interpretieren das als eine Wettbewerbsverzerrung, um an Staatsgelder heranzukommen", sagte Franz. Damit solle auch Deutschland, das sich bisher in Sachen Staatshilfen für die Sanierung zurückhaltend äußert, erpresst werden.

Kapazität um 20 Prozent reduzieren

GM hatte Anfang November den Opel-Verkauf an den Zulieferer Magna abgesagt und sich entschlossen, Opel aus eigener Kraft zu sanieren. Dies sei die beste Möglichkeit, "langfristig und nachhaltig für den Erfolg von Opel zu sorgen", sagte GM-Europachef Nick Reilly.

Der GM-Konzern will seine Kapazitäten in Europa um 20 Prozent zusammenstreichen, kündigte Reilly am Mittwoch nach einem Treffen mit dem hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) in Wiesbaden an. Reilly hatte bereits am Vortag Standortgarantien für Bochum und Kaiserslautern abgegeben. Der Opel-Stammsitz in Rüsselsheim war ohnehin sicher. Die angekündigte Verlagerung der GM-Zentrale von Zürich nach Rüsselsheim stärkt das Stammwerk weiter. Rüsselsheim ist mit rund 15.600 Mitarbeitern das Herz von Opel. Koch äußerte die Hoffnung, dass der Stellenabbau am Stammsitz von Opel weitgehend ohne betriebsbedingte Kündigungen erreicht werden könne.

Eisenach soll weiter Corsa bauen

Das Opel-Werk im thüringischen Eisenach wird auch in Zukunft den Corsa bauen. Die vorübergehend angedachte zweijährige Stilllegung des Werks sei vom Tisch, sagte Reilly nach einem Gespräch mit Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) in Rüsselsheim. Das Werk hat 1.700 Mitarbeiter.

Lieberknecht zeigte sich erfreut, dass der Standort erhalten bleibt: "Wir werden als Landesregierung den weiteren Prozess sehr konstruktiv begleiten." Zusagen für Staatshilfen machte sie aber nicht. Darüber werde man den anderen drei Regierungen der Opel- Standortländer und dem Bund beraten. Thüringens Wirtschaftsminister Matthias Machnig (SPD) sagte, es solle keine betriebsbedingten Kündigungen im Opel-Werk Eisenach geben: "Das ist die gute Nachricht."

Für die Sanierung von Opel benötigt GM nach Angaben von Reilly etwa 3,3 Milliarden Euro und hofft dabei auch auf Staatshilfen sowie einen Beitrag der Belegschaft. Die EU-Kommission fürchtet aber einen Subventionswettbewerb der Länder und hat bereits ankündigt, mögliche Beihilfen für den Autobauer auch künftig "strikt" auf deren Vereinbarkeit mit EU-Vorschriften prüfen zu lassen. Den Brückenkredit für Opel von 1,1 Milliarden Euro hat GM inzwischen ganz getilgt. Damit liegt Opel seit Dienstag wieder ganz in der Hand des Mutterkonzerns.

dpa