Kohl würdigt Leistungen Bushs und Gorbatschows

Kohl würdigt Leistungen Bushs und Gorbatschows
Sichtlich angeschlagen hat Altbundeskanzler Helmut Kohl bei einer Feierstunde George Bush senior und Michail Gorbatschow gewürdigt. Der Bundespräsident plädierte für ein selbstbewusstes Auftreten Europas.

Die Zusammenarbeit mit dem damaligen US-Präsidenten Bush (85) und dem sowjetischen Staatschef Gorbatschow (78) in dieser Zeit "war ein Glücksfall", sagte der Altbundeskanzler und CDU-Politiker am Samstag in Berlin bei einer Feierstunde der Konrad-Adenauer-Stiftung anlässlich des 20. Jahrestages des Mauerfalls am 9. November.

Es war einer der wenigen öffentlichen Auftritte des 79-jährigen Kohl seit längerer Zeit. Er wirkte nach einem schweren Sturz vor über einem Jahr sichtlich angeschlagen und hatte Mühe, sich zu artikulieren. Er freue sich daher sehr, an der Veranstaltung zusammen mit Bush und Gorbatschow teilnehmen zu können, sagte Kohl.

Europäische Außenpolitik, die Russland einschließt

Bundespräsident Horst Köhler forderte bei der Feierstunde, an der auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) teilnahm, eine europäische Außen- und Sicherheitspolitik, die auch Russland einschließt. Dies wäre eine "ideale Ergänzung" zur transatlantischen Partnerschaft mit den USA, sagte Köhler. Köhler plädierte in einer bewegenden Rede vor den drei Staatsmännern für ein selbstbewusstes Auftreten Europas im Wettbewerb der Systeme. Zugleich rief er dazu auf, dem Prozess der europäischen Integration "neue Dynamik" zu verleihen, durch den Vertrag von Lissabon und über ihn hinaus.

Deutschland und Russland forderte er auf, enger zusammenzuarbeiten. Die transeuropäischen Verkehrsnetze müssten ausgebaut, die Energieversorgung auf eine sichere Grundlage gestellt und eine wirtschaftliche und soziale Angleichung der Systeme aller europäischen Länder angestrebt werden. Dann sei in Europa "eine Blütezeit möglich wie selten in seiner Geschichte".

Gorbatschow warnt vor Anti-Stimmung

Gorbatschow, der die Beziehungen zwischen Russland und Deutschland gut nannte, warnte, das europäische Projekt könne nicht erfolgreich sein, wenn es eine anti-russische oder anti-amerikanische Stimmung gebe. Altkanzler Kohl freute sich darüber, dass das Vertrauen zwischen Deutschland und den beiden Staaten in den vergangenen Jahren gewachsen sei. Die Deutschen seien "endlich zur Vernunft gekommen" und seien heute ein verlässlicher Partner.

Die drei Staatsmänner hatten sich bereits am Vortag auf Initiative der "Bild"-Zeitung im Axel-Springer-Haus in Berlin erstmals seit etlichen Jahren wieder getroffen.

Merkel sagte in ihrem wöchentlichen Video-Podcast mit Blick auf ihre USA-Reise Anfang kommender Woche: "Der Zeitpunkt könnte aus meiner Sicht nicht besser gewählt sein." Ihr sei aus persönlicher Erfahrung die Zeit des Mauerfalls von 20 Jahren "noch bestens in Erinnerung". Sie wisse auch, und dafür wolle sie in Washington Danke sagen, dass die USA und der damalige Präsident Bush "mit großer Begeisterung und mit viel Zuneigung diesen politischen Prozess begleitet haben". Merkel wird in Washington vor beiden Häusern des Kongresses reden.

Platzeck ruft zur Versöhnung auf

Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) forderte eine Versöhnung mit den Erben der SED. Der Regierungschef schrieb in einem Beitrag für das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel": "Zwei Jahrzehnte nach dem revolutionären Umbruch in der DDR müssen wir in Deutschland endlich anfangen, es mit dem überfälligen Prozess der Versöhnung wirklich ernst zu meinen.". Platzeck führt seit wenigen Tagen eine Koalition von SPD und Linkspartei. Im Verhältnis zu dieser Nachfolgeorganisation der SED gehe es "immer auch um die Last der Geschichte", so der Regierungschef.

dpa