Nachhaltige Investitionen könnten Millionen Jobs schaffen

Nachhaltige Investitionen könnten Millionen Jobs schaffen
Wissenschaftler renommierter Wirtschafts- und Klimaforschungsinstitute fordern ein ökologisches Investitionsprogramm, um langfristig Wohlstand zu sichern und die Umwelt zu schützen.

Wissenschaftler renommierter Wirtschafts- und Klimaforschungsinstitute fordern ein ökologisches Investitionsprogramm. Investitionen in grüne Technologien könnten die Wirtschaft fitmachen für die globalen Märkte der Zukunft und gleichzeitig zur Lösung des Klimaproblems beitragen, erklärten Forscher des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, des Kieler Instituts für Weltwirtschaft und des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung am Montag in Düsseldorf.

In einer gemeinsamen Studie "Wege aus der Wachstumskrise" kommen die Wissenschaftler zu dem Ergebnis, dass ein entsprechender Umbau der Wirtschaft das Wirtschaftswachstum in Deutschland in den kommenden Jahren jährlich auf mehr als zwei Prozent erhöhen könne. Die Arbeitslosigkeit könne noch vor 2020 auf knapp zwei Millionen reduziert werden. Bei einem Festhalten am bisherigen Wirtschaftsmodell sei lediglich ein jährliches Wachstum von kaum mehr als einem Prozent zu erwarten.

Voraussetzung für einen erfolgreichen Strategiewechsel ist nach Ansicht der Ökonomen und Ökologen ein nachhaltiger Investitionsschub. Die Analyse zeige, dass die Investitionsquote trotz steigender Vermögenseinkommen in den vergangenen Jahrzehnten in Deutschland stetig gesunken sei. Deutsche Unternehmen und Anleger hätten immer weniger Geld in die Erneuerung der Wirtschaft investiert und sich statt dessen in Finanzmärkten engagiert. Um umzusteuern, müssten unternehmerische Investitionen steuerlich entlastet und anderweitig verwendete Vermögenseinkommen belastet werden.

"Es besteht die Tendenz, die globale Finanzkrise als bloßen Betriebsunfall zu betrachten", kritisierte Carlo Jaeger vom Potsdam Institut. Lediglich im Finanzensektor ein paar neue Regeln aufzustellen, die anderen Märkte aber völlig außen vorzulassen, reicht aus seiner Sicht keinesfalls aus. Eine Strategie des "weiter so" verhindere aber notwendige Investitionen in den Klimaschutz, verschärfe die sozialen Unterschiede in der Gesellschaft und verspiele die historischen Standortvorteile Deutschlands, warnten die Wissenschaftler.

Wie eine nachhaltige Entwicklung in Deutschland aussehen könnte und was dazu geschehen müsste, skizziert die Studie. Als wichtig schätzen die Verfasser eine Ankurbelung der Binnennachfrage durch Inkaufnahme höherer Defizite ein. Dies soll jedoch nur eine kurzfristige Maßnahme darstellen. Als Beleg dafür, dass dieses Szenario funktionieren könne, ziehen die Forscher die Politik der damaligen Clinton-Regierung in den USA heran. Auch wurde ein hohes Staatsdefizit wieder abgebaut, als die Wirtschaft wuchs und der Staat sich mit Ausgaben zurückhielt.

Skeptisch dagegen sehen die Experte die deutsche Fixierung auf Exportüberschüsse. Aus ihrer Sicht bringt dieses Festhalten Probleme für den Euro-Raum mit sich und bedarf daher einer besseren Koordination.

Ganz konkret fordern die Experten Investitionen in die energetische Gebäudesanierung, um so eine Nachfrage in Bauwirtschaft, Anlagentechnik und alternativen Energien zu erzeugen. Dadurch könnten Jobs geschaffen werden. Gleiches gilt für Sanierungen von Kanalisationen und Ausbesserungen im Schienennetz. Überhaupt Verkehr: Hier wird effiziente Mobilität von großer Bedeutung sein. Gerade die deutsche Automobilindustrie muss sich hier anstregen, um ihre Wettbewerbsvorteile zu erhalten. Anreizprogramme durch Flottenumstellungen auf Elektrofahrzeuge können hierbei entscheidende Impulse für die deutsche Wirtschaft liefern.

Und auch die Finanzbranche soll ihren Teil zu einer nachhaltigen Wirtschaft beitragen: Die Experten empfehlen eine Art Finanz-TÜV. Finanzprodukte werden nur zugelassen, wenn sie transparent sind und keine systemischen Risiken erkennen lassen. Ein solcher TÜV könnte nachhaltige Geldanlagen zertifizieren und so die Entscheidung für Anleger erleichtern.

Die Studie wurde vom European Climate Forum koordiniert und vom Bundesumweltministerium in Auftrag gegeben.

epd/web