Deutschland ist langsam HD Ready

Deutschland ist langsam HD Ready
Am 25. August 1967 drückte der damalige Außenminister der BRD, Willy Brandt, auf der Internationalen Funkausstellung in Berlin auf einen Knopf. Die damit offiziell gestartete neue technische Stufe des Fernsehgenusses, das Farbfernsehen, erfreute sich großer Beliebtheit: Schon 1973 war der Schwarz-Weiß-Anteil im Fernsehen auf unter zehn Prozent gesunken, auch wenn 1977 immer noch erst die Hälfte aller Haushalte einen Farbfernseher besaß.
26.10.2009
Von Alexander Gajic

HDTV, die nächste Stufe des Fernseh-Fortschritts, soll im kommenden halben Jahr bei den großen deutschen Fernsehsendern die Marktreife erlangen. Ab 1. November sind die Sender RTL und VOX auch in einer hochauflösenden Version zu empfangen, im Januar 2010 folgen ProSieben, Sat.1 und Kabel Eins. Im Februar gehen dann auch ARD und ZDF in HD auf Sendung. Vorher soll es im Weihnachtsprogramm noch einige HD-Testausstrahlungen - sogenannte Showcases - geben. Auch bei der Leichtathletik-WM wurde die neue Technik schon ausprobiert.

"HD-Ready" reicht nicht

Der Durchbruch des hochauflösenden Fernsehens gestaltet sich nicht einfach. Wegen mangelnder Zuschauerakzeptanz hatte die ProSiebenSat.1-Gruppe ihre 2005 gestartete HDTV-Initiative im Januar 2008 wieder eingestellt. Inzwischen aber stehen in deutschen Wohnzimmern genug Geräte, die - in der Regel angedeutet durch einen entsprechenden Aufkleber in einer der Bildschirmecken - "HD Ready" sind.

Allerdings bedeutet "HD Ready" nur, dass ein Fernseher in der Lage ist, hochauflösende Bilder darzustellen. Um auch ein Fernsehsignal empfangen zu können, braucht er zusätzlich einen HD-fähigen Receiver. In vielen aktuell auf dem Markt erhältlichen Fernsehern ist dieser bereits integriert, alternativ gibt es aber auch externe Set-Top-Boxen. Das entsprechende Logo trägt in beiden Fällen die Aufschrift "HDTV".

Der einzig sichere Weg, alle HD-Sender zu empfangen, ist per Satellit. HD-Privatsender und auch der Kanal Anixe HD werden nur so angeboten. Die HDTV-Ausstrahlungen von ARD und ZDF werden über Satellit und voraussichtlich auch in vielen Kabelnetzen erfolgen. Allerdings stünden in Teilen der Kabelnetze die für HD notwendigen Kapazitäten noch nicht zur Verfügung, sagen die Sender. Die sieben HD-Programme des Pay-TV-Anbieters Sky sind ebenfalls über Satellit empfangbar, im Kabel variiert die Anzahl der möglichen Kanäle. Über Antenne wird HDTV nicht ausgestrahlt werden.

Bei den Privaten wird HDTV etwas kosten

Nicht alle Sendungen, die über das HD-Signal ausgestrahlt werden, sind "echt" hochauflösend, also auch in HD produziert worden. Dieser "native" Programmanteil soll erst im Laufe der Zeit gesteigert werden. Zunächst werden hauptsächlich amerikanische Spielfilme und Serien in echtem HD ausgestrahlt, 2010 sollen Sportereignisse und einzelne Showevents hinzukommen. Der Rest des Programms wird vorerst auf die höhere Auflösung von HDTV hochgerechnet.

ARD und ZDF verbreiten ihr HD-Programm ohne Zusatzkosten für den Nutzer, haben für den Umbau ihrer Technik allerdings auch 244 Millionen Euro Gebührengelder für die nächsten vier Jahre zur Verfügung. Die Kooperation von RTL und ProSiebenSat.1 mit dem Satellitenbetreiber Astra trägt den Namen "HD+". Wer die hochauflösenden Programme sehen will, muss einen für HD+ geeigneten Receiver kaufen. Bis Ende des Jahres sollen sechs Modelle für jeweils rund 100 Euro erhältlich sein. Der Empfang von HD+ ist ein Jahr lang kostenlos, danach muss die entschlüsselnde Smartcard im Gerät erneut freigeschaltet werden. Pro Jahr kostet das 50 Euro.

Verbraucherschützer kritisieren, dass das über HD+ verschlüsselte Signal so codiert werden kann, dass es - beispielsweise von einem Festplattenrekorder - nicht in HD aufgezeichnet werden kann. Die Privatsender behalten sich außerdem das Recht vor, zeitversetztes Fernsehen zu begrenzen und das Überspringen und Vorspulen von Werbung bei aufgezeichneten Sendungen zu verhindern. Sie argumentieren, dass ihr Geschäftsmodell auf Werbung basiere und diese Werbung daher auch gesehen werden müsse. Ob Verbraucher bereit sind, die Konditionen der Privatsender zu akzeptieren, könnte im Endeffekt über den Erfolg von HDTV in Deutschland entscheiden.

epd