Ehemaliger Bibliotheksdirektor zu Geldstrafe verurteilt

Ehemaliger Bibliotheksdirektor zu Geldstrafe verurteilt
Zu einer Geldstrafe ist der frühere Direktor der Emder Johannes-a-Lasco-Bibliothek verurteilt worden. Trotz knapper Finanzen hatte er weiter Bücher und Kunstgegenstände angekauft.

Der ehemalige Direktor der Emder Johannes-a-Lasco-Bibliothek, Walter Schulz, ist am Dienstag vom Auricher Landgericht zu einer Geldstrafe von 3.600 Euro verurteilt worden. Die Große Strafkammer warf dem 54-jährigen Theologen Untreue in acht Fällen in den Jahren 2003 bis 2008 vor. Obwohl Schulz sich der prekären finanziellen Situation der Bibliotheksstiftung bewusst gewesen sei, habe er weiter mit Geldern aus dem Stiftungskapital Bücher und Kunstgegenstände gekauft, sagte der Vorsitzende Richter Henning Schröder. Dadurch sei das Stiftungskapital seit Ende 2003 von fünf auf drei Millionen Euro geschrumpft. Eine Revision des Urteils ist vor dem Bundesgerichtshof möglich.

Die weltweit bedeutendste Spezialbibliothek des reformierten Protestantismus musste ihren wissenschaftlichen und bibliothekarischen Betrieb Anfang des Jahres einstellen. Schulz wurde bereits im Herbst 2008 aus seinem Amt entlassen. Der Staatsanwalt hatte für eine Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung plädiert, die Verteidigung auf Freispruch. Schröder betonte in seiner Urteilsbegründung, Schulz habe sich nicht persönlich bereichert und aus idealistischen Motiven gehandelt. Er habe den Eindruck, dass bei Schulz ein "gewisser Realitätsverlust" festzustellen sei.

Stiftungszweck aus den Augen verloren

Schulz habe durch seinen Eifer, die Stiftung mit einem Ruf über die Grenzen Deutschlands hinaus auszustatten, den Stiftungszweck aus den Augen verloren, so der Richter. Als Geschäftsführer und alleiniger Vorstand sei es seine Aufgabe gewesen, das Vermögen der Stiftung ungeschmälert zu erhalten, um mit den Überschüssen den Betrieb der Einrichtung zu bestreiten. Durch das Abschmelzen des Vermögens seien der Stiftung vermutlich 90.000 Euro Zinsen verloren gegangen. Der Verlust von rund drei Millionen Euro durch Aktienverluste vor 2003 sei ihm dagegen nicht anzulasten, sagte der Richter.

Schulz hatte im Verfahren eingeräumt, Fehler gemacht zu haben. Mit seinem heutigen Wissen hätte er von vielen Käufen Abstand genommen. Er verwies darauf, dass er alle Käufe stets transparent gehandhabt habe und vom Kuratorium der Stiftung genehmigen ließ. Bewusst habe er kein Rechtsvergehen begangen. Mit den Ankäufen ganzer Bibliotheken evangelisch-reformierter Adelshäuser habe er das Vermögen der Bibliothek sogar gesteigert und weitere Zustiftungen ermöglicht. Insgesamt habe er rund vier Millionen Euro an Drittmitteln eingeworben. Nie habe er persönliche Vorteile erzielen oder gar der Bibliothek schaden wollen.

Kirche will Bibliothek retten

Die Evangelische Kirche in Deutschland hatte vor wenigen Wochen bekanntgegeben, die Johannes-a-Lasco-Bibliothek retten zu wollen. Sie wolle dafür 4,5 Millionen Euro geben. Weitere 1,5 Millionen Euro sollen von den Landeskirchen kommen. Die Evangelisch-reformierte Kirche hatte bereits vor einem Jahr eine Million Euro für die Rettung der Bibliothek in die Rücklagen gestellt. Auch die Stadt Emden will sich beteiligen. Wegen des Verlustes hatte der von der Landeskirche eingesetzte kommissarische Leiter Wilhelm Neef allen Bibliothekaren gekündigt.

Die Bibliothek ist nach dem aus Polen stammenden Reformator Johannes a Lasco (1499-1560) benannt, der zwischen 1542 und 1549 in Emden wirkte. Neben der reformierten Theologie gehören die Konfessionsgeschichte der frühen Neuzeit und die Landesgeschichte Ostfrieslands zu den wichtigsten Sammelgebieten der als Stiftung betriebenen Einrichtung. Sie verfügt über mehr als 100.000 Bände. Ihr Bestand geht auf das Archiv und die seit 1559 bestehende Büchersammlung der reformierten Gemeinde Emden zurück. 2001 wurde die Einrichtung vom Deutschen Bibliotheksverband und der "Zeit"-Stiftung als Bibliothek des Jahres ausgezeichnet.

epd