Gottesdienst als Pulsschlag des christlichen Lebens

Gottesdienst als Pulsschlag des christlichen Lebens
Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) will nicht nur die reguläre Gemeindefeier stärken, sondern verweist auch auf die Bedeutung von Gottesdiensten nach Katastrophen und Unfällen.
12.10.2009
Von Rainer Clos

"Ich wünsche mir für den Gottesdienst am Sonntagmorgen eine festliche, glanzvolle, strahlende Gestalt, die für eigenes Gestalten Vorbild ist", formulierte Bernhard Schlink in einem Vortrag zum Reformationstag. In manchen Gemeinden gelinge dies, durch angepasste Sitzordnung, Blumenschmuck, ein musikalisches Glanzlicht und eine fesselnde Lesung, so die Erfahrung des Staatsrechtlers und Schriftstellers. Doch Schlink weiß auch, dass es nicht immer so ist. In vielen Gemeinden gewinne man den Eindruck, "dass sie es nicht einmal versuchen und sich auch nie gesagt oder gesagt bekommen haben, dass es wichtig ist".

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Gottesdienst ist Gebet, Gesang, Lesung, Predigt und Segen. Er ist der "Pulsschlag des christlichen Lebens", heißt es in einer neuen Studie der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Darin wird nicht nur informiert über das Besondere des evangelischen Gottesdienstes, den theologischen Stellenwert und seine Struktur. Der Text enthält auch zahlreiche praktische Empfehlungen, wie Gottesdienste einladender werden könnten, und wirbt dafür, Verlässlichkeit mit neuen Formen zu verbinden.

Eigene Kompetenzzentren

Der neue EKD-Leitfaden zum Verständnis und zur Praxis des Gottesdienstes steht nicht isoliert. Er knüpft an Texte zu Abendmahl und zur Taufe an. Zudem steht er in engem Zusammenhang zu dem aktuellen Reformprozess im deutschen Protestantismus. Ein Ziel dabei ist es, sich auf die kirchlichen Kernaufgaben zu konzentrieren. Unter anderem durch eine Belebung der Beteiligung am Gottesdienst und die Entwicklung eines Qualitätsbewusstsein. Eigene Kompetenzzentren zu Gottesdienst, Predigt und Kirchenmusik sollen dazu beitragen.

Denn mit dem Befund, dass Gottesdienste nicht die angemessene Resonanz finden, dürfe sich niemand in der Kirche abfinden, schreibt der EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber im Vorwort der neuen Studie. Darin heißt es, regelmäßige Gottesdienstbesucher seien mit vier bis fünf Prozent unter den Kirchenmitgliedern in der Minderheit. Wesentlich höheren Zuspruch gebe es bei Festgottesdiensten, besonders am Heiligen Abend. Auch für Gottesdienste, die mit Taufe, Konfirmation, Trauung oder Beerdigung familiär verankert sind, sowie zu besonderen gesellschaftlichen Anlässen oder an Feiertagen stattfinden, sei die Beteiligung regelmäßig höher.

Vielfalt ohne Spartenprogramm

Vor Abstrichen an der Qualität des öffentlichen Gottesdienstes raten die Autoren ab. Lieber schlicht und gut als aufwändig und gut gemeint, wird in dem Text empfohlen. Eine Lanze brechen die Autoren zwar für eine Vielfalt der Gottesdienstformen, ohne ein Spartenprogramm oder schlichte Events zu befürworten. Neben Angeboten für Zielgruppen - Kinder, Schüler, Familien, Altenheimbewohner, Krankenhauspatienten oder Soldaten - , wird den Gottesdiensten zu biografischen und gesellschaftlichen Anlässen eine wichtige Aufgabe zugeschrieben. Viele Menschen, die sich sonst in Distanz zur Kirche befinden, suchten diese Rituale der Lebensbegleitung, sind die Verfasser überzeugt. Gerade bei Katastrophen und Unfällen sei der Gottesdienst für viele der Ort, um Betroffenheit und Trauer zu äußern.

Besondere Ereignisse, die Menschen unterschiedlicher Konfessionen bewegen, erforderten ökumenische Gottesdienste: "Hier erwartet die Gesellschaft, dass die Kirchen gemeinsame Gottesdienste anbieten", schreiben die Autoren. Auch Medien-Gottesdienste sind der Studie zufolge ein Weg, um einladend zu feiern: mit den Fernsehgottesdiensten am Sonntag werde auch kirchlich nicht gebundenen Zeitgenossen Sinn- und Lebensdeutung angeboten. Das Gerüst und Kernstück kirchlichen Lebens bleibe aber der Gottesdienst an Sonn- und Feiertagen, den Verlässlichkeit und Qualität auszeichnen sollen, betont der EKD-Ratsvorsitzende.

epd