Evangelische Kirche berät über Gemeindearbeit und Liturgie

Evangelische Kirche berät über Gemeindearbeit und Liturgie
Am zweiten Tag des Zukunftskongresses der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Kassel stehen die Gemeindearbeit sowie neue Andachtsformen im Vordergrund.

Die evangelische Kirche sucht nach neuen Wegen, um Menschen anzusprechen. Bei der Zukunftswerkstatt der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) standen am Freitag die Arbeit in den Gemeinden und neue Andachtsformen im Mittelpunkt. Die Verbesserung der Qualität von Gottesdiensten ist eines der Hauptanliegen des EKD-Reformprozesses, zu dem bei dem dreitägigen Kongress in Kassel eine Zwischenbilanz gezogen wurde. Die Zukunftswerkstatt geht am Samstag mit einem Auftritt von Bundespräsident Horst Köhler zu Ende.

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Die Hannoveraner Landesbischöfin Margot Käßmann rief die Kirche dazu auf, junge Menschen stärker anzusprechen und neue Lebensformen außerhalb der Familie positiv zu bewerten. "Junge Christen praktizieren heute eine große Vielfalt von Beziehungen und Lebensformen", sagte sie der "Frankfurter Rundschau" (Freitag). Sie bewundere Ehen, die ein Leben lang halten. Doch Leben könne auch jenseits der Leitbilder gelingen. "Ich wünsche mir eine Kirche, die um die Brüche im Leben weiß und den Menschen zeigt, dass sie das nicht außerhalb der christlichen Gemeinde stellt", so Käßmann.

Beispielhaft startete die EKD am Freitag ihren zweiten Kongresstag mit 28 außergewöhnlichen Andachten. Mit solchen neuen Formen will die Kirche künftig stärker Menschen an sich binden, die herkömmlichen Gottesdiensten distanziert gegenüber stehen. Unter anderem wurden Andachten auf dem ICE-Bahnhof Kassel-Wilhelmshöhe, im Polizeipräsidium der Stadt, in einer Brauerei und auch virtuell im Internet gefeiert. Bei einer Online-Andacht von evangelisch.de versammelten sich Interessierte aus mehreren deutschen Städten in einem Chatroom. Neben Liturgie und gemeinsamen Gebeten bestand Gelegenheit zum Gedankenaustausch über biblische Texte.

Krise ist von Menschen gemacht

Der EKD-Finanzchef Thomas Begrich sprach in der Schalterhalle der Evangelischen Kreditgenossenschaft über die Finanzkrise: "Billionen Euro sind an Werten vernichtet und - was schlimmer ist - Millionen Menschen haben ihren Arbeitsplatz verloren oder fürchten darum." Mit Hinweis auf die enorme Schuldenlast für künftige Generationen widersprach er Stimmen, wonach alles nicht so schlimm werde. "Das ist eine Krise des Systems." Aber sie sei nicht nur von "Bankern" gemacht, sondern von Menschen. Es komme nicht darauf an, mit den Fingern auf "die Banker" zu zeigen, sondern sich selbst um einen verantwortlichen Lebensstil zu bemühen, der niemanden bedrücke, empfahl Begrich.

An dem Kongress in Kassel nehmen 1.200 Haupt- und Ehrenamtliche aus allen 22 Landeskirchen teil. In einer "Galerie guter Praxis" werden 100 zukunftsweisende Projekte aus Gemeinden, Kirchenkreisen und Einrichtungen präsentiert. Der gastgebende kurhessische Bischof Martin Hein lobte die Präsentationen und äußerte sich trotz sinkender Mitgliederzahlen und Einnahmen optimistisch für die Zukunft. Die evangelische Kirche strahle viel Mut aus. Seit Beginn der dreitägigen Zukunftswerkstatt habe er überall begeisterte Menschen gesehen. "Da war keine Spur von der typisch evangelischen Zurückhaltung", sagte Hein.

Vor drei Jahren hatte die EKD mit dem Zukunftspapier "Kirche der Freiheit" einen grundlegenden Reformprozess angestoßen. Darin wurde unter anderem eine Reduzierung der Zahl der Landeskirchen auf acht bis zwölf angeregt. Obwohl in Kassel Änderungen in der föderalen kirchlichen Struktur nicht zur Debatte stehen, unterstrich die Evangelische Landeskirche Anhalts als kleinste deutsche Landeskirche noch einmal ihr Ziel, ihre Eigenständigkeit zu erhalten. Der Kirchenpräsident der rund 50.000 Mitglieder zählenden Kirche, Joachim Liebig, sagte der "tageszeitung" (Freitag), die Selbstständigkeit bedeute für Anhalt bei überschaubaren Kosten größere Entscheidungsmöglichkeiten "für einen sehr traditionsreichen Raum".

epd