"Kompensationszahlung" statt Bonus

"Kompensationszahlung" statt Bonus
Weltweit ist derzeit eine Debatte um hohe Boni für Banker im Gang. Exzesse bei deren Bezahlung gelten als eine Ursache der Finanzkrise. Die ersten Banken denken über eine andere Vergütung nach.
24.09.2009
Von Heino Reents

Man kann der Finanzbranche in diesen Tagen sicher einiges vorwerfen. Mangelnde Kreativität gehört sicher nicht dazu. Denn um die derzeit so heftig umstrittenen Sonderzahlungen für Manager nicht in den Mund nehmen zu müssen, lassen sich einige Banken interessante Wortschöpfungen einfallen. "Halteprämien" nennt es etwa die HSH Nordbank. "Pauschale Kompensationszahlung" heißt es bei der Landesbank Baden-Württemberg, und die Commerzbank bezeichnet die Sonderzahlungen, die sie in diesem Jahr bislang Investmentbankern und Mitgliedern des Topmanagements zugesagt hat, als "Stabilisierungszahlungen", "Integrationsmehraufwandspauschale" oder "leistungsabhängige Mehraufwandsvergütung".

Trotz aller kreativer Begriffe, Bonus-Zahlungen an Finanzmanager und Banker sind in der Öffentlichkeit derzeit so umstritten wie nie. Denn hohe Managergehälter und die Bonus-Zahlungen sind nach Auffassung von Finanzmarktexperten eine wichtige Ursache für die aktuelle Krise. Eine aktuelle Umfrage des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) belegt, dass dies auch die Branche selbst erkannt hat. So sind laut ZEW fast 90 Prozent der 250 befragten Finanzexperten der Meinung, dass eine Veränderung der Vergütungssysteme für Manager unbedingt notwendig ist. Bei der Frage, welche Maßnahmen geeignet seien, Fehlanreize bei der Manager-Vergütung zu verhindern, nannten fast 90 Prozent eine Verlängerung der Haltefristen für Aktienoptionen. Auch die sogenannten Malus-Regelungen, nach denen bei Misserfolg die Gehälter der Manager gekürzt werden, fanden die Zustimmung. Keine Mehrheit gab es dagegen bei der ZEW-Umfrage für den Vorschlag, eine Obergrenze für Bonuszahlungen einzuführen oder die Bonuszahlungen an das Lohnniveau des Unternehmens zu koppeln

Regeln werden gern umgangen

Dass die Gesetze an der Praxis ohnehin oft wenig ändern, zeigt das Beispiel USA. Bereits 1993 hatte der US-Kongress beschlossen, dass nur Gehälter bis zu einer Million Dollar für die Unternehmen steuerlich absetzbar wären. Allerdings führte diese Regelung nicht dazu, dass sich die Gehälter mäßigten. Im Gegenteil: Das Gesetz hatte vielmehr zur Folge, dass alternative Vergütungsinstrumente, wie etwa Aktienoptionen, angewandt wurden.

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Doch einig ist man sich bei Kritikern wie bei Befürwortern gesetzlicher Regelungen, dass die Bezüge mancher Banker heute Dimensionen erreicht haben, die für den Normalbürger kaum noch vorstellbar sind. Die Citigroup etwa muss dem Leiter der Rohstoffsparte, Andrew Hall, aktuell rund 100 Millionen Dollar zahlen. Rohstoffspekulationen bringen Hall regelmäßig exorbitante Boni ein - seine Vergütung ist wie üblich an den Profit seiner Abteilung gekoppelt. Bereits im Jahr 2005 erhielt Hall 125 Millionen Dollar. Kein Einzelfall: Trotz Milliardenverlusten locken auch einige andere Banken wieder mit unglaublichen Boni: So winken den knapp 30.000 Mitarbeitern der US-Bank Goldman Sachs, im Schnitt 770.000 Dollar für den Fall, dass das zweite Halbjahr ähnlich gut verläuft wie das erste.

Besonders, dass staatlich gestützte Banken – wie Royal Bank, Bank of America oder in Deutschland Commerzbank und Landesbanken – wieder Boni zahlen, empört zunehmend Politiker. Auf dem G20-Gipfel am 24. und 25. September in Pittsburgh wollen die Teilnehmer deshalb nun weltweit gültige Regeln beschließen. Nach Ansicht der europäischen Teilnehmerstaaten soll die Begrenzung von Managervergütungen durch Sanktionen auf nationaler Ebene sichergestellt werden. Die USA stehen diesem Ansinnen jedoch reserviert gegenüber. Absolute Obergrenzen für Managergehälter, wie es Frankreich zunächst gefordert hatte, lehnen die USA ab. Wie auch immer sich die Regierungschefs einigen: Um Wettbewerbsverzerrungen zwischen den jeweiligen Finanzstandorten zu verhindern, sind internationale Regeln dringend notwendig

Knappe Grundgehälter für Investmentbanker

Das Problem liegt aber im System, das sich weltweit etabliert hat: Gerade die Investmentbanker erhalten traditionsgemäß vergleichsweise knappe Grundgehälter. Sie können aber durch Boni auf Einkommen mitunter in Millionenhöhe kommen. Kritiker sehen darin einen Anreiz, hochriskante Geschäfte einzugehen. Die kurzfristige Rendite sei wichtiger als der langfristige Ertrag.

Die Finanzbranche wehrt sich gegen zu viel Regulierung. Es sei nicht Sache des Staates, wie viel ein Unternehmen seinen Angestellten bezahle, sagt etwa der Präsident des privaten Bankgewerbes, Andreas Schmitz. Eine leistungsabhängige Bezahlung sei vielmehr ein wichtiges Instrument zur Führung von Mitarbeitern. Viele Institute fürchten zudem einen "Krieg um Talente", wenn es keine Prämien mehr gibt. Ohne Bonus würden ihnen die fähigsten Leute davonlaufen – wie das Beispiel der Pariser Großbank Société Générale aktuell auch belegt. Dort hatten vor wenigen Wochen auf einen Schlag 30 der besten Manager in der Vermögensverwaltung das Haus verlassen, um gemeinsam einen Hedge-Fonds zu gründen. Die Kündigung hängt nach Ansicht von Beobachtern vor allem damit zusammen, dass die französische Regierung in Zukunft die Verdienstmöglichkeiten der Banker einschränken will.

Immerhin: Die ersten deutschen Banken reagieren auf den Druck der Politik, ihre Vergütungssysteme zu überarbeiten: Sowohl die Commerzbank als auch die Hypo-Vereinsbank (HVB) kündigten jüngst neue Bonus-Modelle an. Commerzbank-Chef Martin Blessing gestand sogar ein: "Es war ein Fehler, Boni am Jahresende garantiert und in bar auszuzahlen, wie es besonders im Investmentbanking üblich war." Künftig sollen deshalb nur 30 Prozent der Zulage bar ausgezahlt werden, 30 Prozent in Aktien, der Rest soll auf ein Ansparkonto fließen. Diese Bezüge könnten dann gestrichen werden, wenn die Ergebnisse in den Folgejahren schlecht ausfielen.