TV-Tipp des Tages: "Die Treuhänderin" (ARD)

TV-Tipp des Tages: "Die Treuhänderin" (ARD)
Eine Frau, die sich zwangsläufig nicht nur Freunde machte: Birgit Breuel, ehemals Chefin der "Treuhand", zugleich eine sachliche Erzählerin mit einem unbestechlichen persönlichen Rückblick und frei von Eitelkeiten.
23.09.2009
Von Tilmann P. Gangloff

„Die Treuhänderin“, Freitag, 20. November, 23.25 Uhr in der ARD

Als Birgit Breuel ihre politische Karriere anfing, hätten sich nicht mal kühne Fantastinnen vorstellen können, dass dreißig Jahre später eine Kanzlerin die Republik regieren würde. Das allein ist schon mal ein guter Grund, sich näher mit dem Leben dieser Frau zu beschäftigen. Für den zweiten sorgte die RAF, als sie 1991 Detlev Karsten Rohwedder ermordete, den Chef der "Treuhand", jener Einrichtung, die maroden DDR-Betrieben nach der Wiedervereinigung den Weg aus der Plan- in die Marktwirtschaft ebnen sollte. Breuel wurde Rohwedders Nachfolgerin, und da im Verlauf ihrer Arbeit diverse ostdeutsche Unternehmen abgewickelt wurden, machte sie sich zwangsläufig nicht nur Freunde. Ein dritter Aspekt liegt in ihrer Persönlichkeit: Gerade weil Breuel eine sachliche Erzählerin ist, wirkt ihr persönlicher Rückblick unbestechlich und frei von Eitelkeiten.

Nüchtern und beinahe emotionslos

Ausgerechnet dieser Punkt gereicht ihr als Hauptfigur eines Fernsehfilms allerdings auch wieder zum Nachteil: Nüchtern und zumindest äußerlich emotionslos schildert sie ihren Lebensweg. Sie verzieht dabei keine Miene; kaum einmal huscht ein Lächeln über ihr Gesicht. Beinahe zwangsläufig hätte der Film daher auf Dauer etwas freudlos gewirkt; insofern lag es nahe, dass NDR-Redakteur Horst Königstein, Ko-Autor diverser preisgekrönter Werke von Heinrich Breloer ("Todesspiel", "Die Manns - Ein Jahrhundertroman", "Speer und er"), auch in seinem Film "Die Treuhänderin" dem gewohnten Schema treu bleibt und Breuels Erzählungen immer wieder durch Spielszenen illustriert.

Spielszenen eher künstlich

In diesen oft bloß sekundenlang zwischengeschnittenen Passagen liegt jedoch eine ganz erhebliche Schwäche des Films. In Ihrem Versuch, Breuels emotionale Sparsamkeit möglichst authentisch zu verkörpern, beraubt sich die zudem alterslos bleibende und Breuel nicht mal flüchtig ähnelnde Johanna Christine Gehlen jeder Ausstrahlung, was die ohnehin nicht sonderlich überzeugenden Spielszenen erst recht künstlich wirken lässt. Um so interessanter sind die Gespräche mit Birgit Breuels verschiedenen politischen Wegbegleitern.


Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für epd medien und die Frankfurter Rundschau mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff, Jahrgang 1959, ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).