Ayala Oliveira: "Über diese WM kann ich mich nicht freuen"

Krankenpfleger Ayala Oliveira sorgt sich um das brasilianische Gesundheitssystem
Foto: Isabela Pacini
Krankenpfleger Ayala Oliveira sorgt sich um das brasilianische Gesundheitssystem
Ayala Oliveira: "Über diese WM kann ich mich nicht freuen"
Foul am Zuckerhut - Was die WM 2014 in Brasilien für die Menschen vor Ort bedeutet
In unserer Serie "Foul am Zuckerhut" stellen wir in kurzen Artikeln Menschen vor, die von der Fußball-WM und ihren Auswirkungen betroffen sind, unmittelbar oder mittelbar. Und wir lassen sie zu Wort kommen. Sie berichten mit ihren Stimmen, was die WM für sie bedeutet. So wie Ayala Oliveira aus Rio de Janeiro. Der Krankenpfleger ärgert sich über die ausbleibenden Investitionen ins Gesundheitssystem.

###mehr-artikel###"Wer auf staatliche Krankenhäuser angewiesen ist, sollte lieber ein Stadion aufsuchen“, sagt Ayala Oliveira voller böser Ironie. Eine aktuelle Studie zeigt, dass 81% der staatlichen Krankenhäuser Brasiliens erschreckende Missstände aufweisen. Dagegen werden für das 30-tägige Fußball-Spektakel Steuergelder in Milliardenhöhe ausgegeben. Der aus Rio de Janeiro stammende 20-Jährige kann das nicht begreifen. Er arbeitet als Krankenpfleger für Kinder. Und er hat Fußball - als guter Brasilianer - schon immer geliebt. Es war immer seine wichtigste Freizeitbeschäftigung im einfachen Vorort von Rio de Janeiro, wo er mit seiner Familie lebt. Aber jetzt sagt er: "Über diese WM kann ich mich nicht freuen. Wenn Brasilien kein Geld für Gesundheit und Bildung hat, dann sollte auch kein Geld für Stadien und modernere Flughäfen ausgegeben werden.“

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Die Liste der Mängel in brasilianischen Krankenhäusern ist endlos: fehlendes Personal, fehlende Medikamente und Grundausstattung, mangelhafte Organisation. Von einer Gesundheitspolitik, die nicht nur Kranke versorgt, sondern durch präventive Gesundheitsmaßnahmen für verbesserte Lebensbedingungen sorgt, kann in Brasilien erst recht keine Rede sein. Nach dem Ende der Militärdiktatur waren alle Brasilianer sehr glücklich, beinahe stolz auf ihre demokratische Verfassung, die 1988 verabschiedet wurde, erklärt Ayala. Der Paragraph 196 garantiert dem gesamten Volk das Recht auf Gesundheit. "Leider gilt das nur auf dem Papier.“ sagt er.  Zwischen 2011 und 2013 haben die staatlichen Krankenhäuser über 11.576 Betten verloren. Das sind fast 12 Betten pro Tag. Patienten landen in überfüllten Fluren und Warteräumen. Es ist keine Seltenheit, eine Intensivstation ohne Arzt aufzufinden. Ayala fügt frustriert an: "Intensivstationen ohne Ärzte sind wie ein Flugzeug ohne Pilot.“ Ayala selbst erlebt tagtäglich die Missstände des brasilianischen Gesundheitssystems und ist empört und enttäuscht. Er meint, dass diese Situation als eine internationale Schande anzusehen ist. Und traurig ergänzt er: "Unter solchen Umständen wird auch diese WM zur Farce.“

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So ist es seiner Meinung nach auch nicht verwunderlich, dass sich viele nicht für eine Weltmeisterschaft im eigenen Land begeistern können. Die junge Generation Brasiliens ist eigentlich in besonderem Maße dem Fußball verbunden. Fußball bedeutet für sie viel mehr als bloß Unterhaltung. Es ist ein Traum. "Fast alle meine Patienten träumen davon, der Neymar der Zukunft zu werden.“ Diese Träume haben jetzt aber schlagartig einer breiten Ernüchterung Platz gemacht. "Damit hat die Regierung nicht gerechnet“, freut sich Ayala. "Die Seleção konnte diesmal niemanden wirklich ablenken, auch nicht für 30 Tage.“