Carlos Freitas: "Die Straßen sind voller Müll und Urin"

Carlos Freitas hat während der WM besonders viel zu tun
Foto: Isabela Pacini
Carlos Freitas hat während der WM besonders viel zu tun
Carlos Freitas: "Die Straßen sind voller Müll und Urin"
Foul am Zuckerhut - Was die WM 2014 in Brasilien für die Menschen vor Ort bedeutet
In unserer Serie "Foul am Zuckerhut" stellen wir in kurzen Artikeln Menschen vor, die von der Fußball-WM und ihren Auswirkungen betroffen sind, unmittelbar oder mittelbar. Und wir lassen sie zu Wort kommen. Sie berichten mit ihren Stimmen, was die WM für sie bedeutet. So wie Carlos Freitas aus Rio de Janeiro. Für den Müllwerker bedeutet die WM eine Menge Arbeit, für die er keine Anerkennung bekommt.

###mehr-artikel###Carlos Freitas sagt ganz klar: "Die Infrastruktur der Stadt ist trotz aller versprochenen Maßnahmen nicht in der Lage, so viele Menschen gleichzeitig aufzunehmen.“ Der 39-jährige Müllmann ist der Meinung, der Staat habe sich in erster Linie um die Sicherheit und die Kriminalität gesorgt: "Über die überfüllten Straßen und vor allem über die Menge an Müll und Dreck, die so viele Menschen produzieren, hat keiner lange nachgedacht.“

Carlos arbeitet seit Jahrzehnten als Müllmann in Rio de Janeiro. Er findet es unverantwortlich, dass in seinem Bereich so wenig vorbereitende Maßnahmen für das 30-tägige Sport Ereignis getroffen wurde. "Mega-Events sind gerade an der Copacabana keine Neuheit. In der Silvesternacht sind dort jedes Jahr zwei Millionen Menschen unterwegs - aber es ist halt nur eine Nacht…“ So stellt Carlos die rhetorische Frage, wo denn bloß bei der WM-Vorbereitung all die ausländischen Organisations-Experten geblieben sind.

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Für den Müllwerker bedeutet die Fussballweltmeisterschaft eine Menge Arbeit. Er weist zum Beispiel auf die ungenügenden öffentlichen Toiletten hin: "Unsere Arbeit ist gerade besonders hart. Die Strassen sind voller Müll und Urin.“ Die Ladenbesitzer machen zusätzlichen Druck auf das Müll-Team, denn die dreckigen und stinkenden Eingänge verscheuchen ihre Kunden. Hinzu kommt der hohe Alkoholkonsum. "Jede Nacht schlafen viele Betrunkene auf den Straßen, vor den Geschäften, am Strand, überall…“ beschreibt Carlos. "Von uns wird dann erwartet, dass alles sofort wieder blitzsauber ist.“

Tätigkeiten wie die Müllentsorgung werden in der brasilianischen Klassengesellschaft besonders wenig gewürdigt. "Es macht mich schon traurig, dass unsere Mühe nicht anerkannt wird“, beklagt sich Carlos. "Dabei bedeutet die WM im eigenen Land für uns ausschließlich harte Arbeit. An der WM teilhaben können wir bei den Preisen sowieso nicht.“

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Carlos ist mittlerweile stolz darauf, dass das Image des Brasilianers, der nur an Karneval und Fussball denkt, sich verändert: "Viele von uns haben keine Ausbildung oder haben die Schule noch nicht mal zu Ende machen können, aber wir zeigen immer mehr, dass wir nicht bloß ein Haufen Ignoranten sind.“ Er ist dennoch der Meinung, dass die Liebe zum Fussball weiterhin eine große Rolle in der brasilianischen Gesellschaft haben sollte: "Wir dürfen den Fußball nicht verabscheuen. Nicht der Fußball ist an unseren Problemen schuld“. Und so fasst er zusammen: "Wir fiebern für die Seleção und gleichzeitig träumen wir von einem Brasilien voller Gerechtigkeit und sozialer Gleichheit.“