Tacheles: Fußball, Leistungsdruck und Glaube

Foto: Jens Schulze
"Zwischen Fußballhimmel und Abseitsfalle: Kann der Glaube Berge versetzen?". Es diskutieren: Walter M. Straten, Bild-Sportchef, Martin Kind, Praesident Hannover 96, Kirchenpraesident Dr. Volker Jung, Evangelische Kirche in Hessen und Nassau, Moderator Jan Dieckmann, Dieter Hecking, Trainer VfL Wolfsburg, Dagmar Freitag, Vorsitzende des Sportausschusses des Deutschen Bundestages und Colin Bell, Trainer 1. FFC Frankfurt.
Tacheles: Fußball, Leistungsdruck und Glaube
Nicht mehr lang, dann beginnt die Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien. Die evangelische Talkshow "Tacheles" (Sendetermin Sonntag, 1. Juni) hat sich deshalb dem Thema gestellt und gefragt, was der Fußball für den Glauben und der Glaube für den Fußball sein kann. Ein zentrales Thema wurde ausgelassen.

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Man muss kein eingefleischter Fußballfan sein, um festzustellen, dass sich Anhänger sowie Kommentatoren der Sportart gerne am religiösen Vokabular bedienen. Erzielt ein einzelner Spieler über einen längeren Zeitraum herausragender Leistungen, kann er zum "Fußballgott" avancieren. Gelingt es einer Mannschaft, im letzten Augenblick ein entscheidendes Tor, ist schnell vom "Fußballwunder" die Rede. Mancher Fan sieht in seinem Verein sogar eine Art Ersatzreligion.

Auch gibt es Spieler, die ihren Glauben mit auf das Platz nehmen – sie senden ein Gebet gen Himmel, bekreuzigen sich nach einem Tor oder präsentieren, wie im Fall des Hannoveraner Offensivspieler Didier Ya Konan, einen Bibelvers. Papst Franziskus ist großer Fußballfan und warnte erst jüngst vor der Kommerzialisierung der Sportart.

Beten für den eigenen Erfolg?

So ist es wenig verwunderlich, dass sich die evangelische Talkshow "Tacheles" eine Stunde lang diesem Thema widmet – zumal die WM in Brasilien vor der Tür steht. Unter dem Titel "Zwischen Fußbalhimmel und Abseitsfalle" diskutierte Moderator Jan Dieckmann mit seinen Gästen über Fußball, Leistungsdruck und Glauben. Dass das Bibelwort "Die Letzten werden die Ersten sein" beim Sport von wenigen angenommen wird, räumte Kirchenpräsident Volker Jung von der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau gleich zu Beginn ein. "

Wer Sport macht, will gewinnen. Niederlagen tun weh", sagte Jung. Das Bibelwort könne einen jedoch daran erinnern, dass es auch andere Perspektiven im Leben gebe. "Es ist die Frage, ob man sich als Mensch ausschließlich über die eigene Leistung definiert oder ob es etwas anderes gibt, eine Grundlage, die einen trägt."

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Für Colin Bell, den Trainer des 1. FFC. Frankfurt, ist das keine Frage. "Absoluten Halt findet man nur bei Gott. Er hilft in jeder Lebenslange", ist Bell überzeugt. Leistungsdruck im Fußball kennt er trotzdem. Immer wieder bekomme man vermittelt, dass der Selbstwert vom Erreichten abhänge. "Hast du Erfolg, bist du super. Bei Misserfolg bist du der letzte Depp", fasst Bell knapp zusammen.

Doch welche Rolle spielt Gott bei dem Erfolg? Immer wieder kann man Fußballspieler sehen, die ein Stoßgebet gen Himmel senden. Für "Bild"-Sportchef Walter Straten ist das kein Problem: "Wenn Spieler sich vor dem Elfmeter bekreuzigen oder für den Sieg der einen Mannschaft beten, ist das völlig legitim", schrieb er vorab auf der Tacheles-Homepage. Eine Haltung, die Volker Jung nicht teilt. "Ein Gebet sollte immer das Wohl des anderen mit im Blick haben. Wer Gottes Segen für die eigene Punktebilanz erfleht, macht Gott zu einer Wunschmaschine", kommentierte er.

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Auch wenn der Gesprächsstoff so schon vor der Sendung angelegt war, mochte die Debatte nicht richtig in Gang kommen. Im Lauf der Sendung sprach Jan Dieckmann eine Vielzahl von Themen an – so auch den Erfolgsdruck durch die Medien und sogar den Selbstmord des Torwart Robert Enke. Meistens bekam er jedoch antworten so ausführlich wie nötig, so knapp wie möglich. Nur selten keimte eine echte Diskussion auf. Und auch wenn Dieckmann viele Aspekte des Fußballs aufgriff, schien am Ende einer zu fehlen.

Erst, als Dieckmann in der Schlussrunde wissen wollte, was sich die einzelnen von der WM erhofften, kam ein Thema auf: "Ich wünsche mir, dass die WM den Impuls gibt, sich den gesellschaftlichen Wirklichkeiten zu stellen und den Menschen zu helfen, die auf die Straße gehen", sagte Jung mit Blick auf die Demonstrationen in Brasilien gegen das Großereignis. Die anderen antworteten ähnlich.

Wenn man sieht, für welchen Preis sich Brasilien die WM erkauft– mehrere Arbeiter starben beim Bau der Stadien – hätte man das Thema aufgreifen müssen.