"Wir brauchen den Franziskus-Geist": Katholikentag beginnt

Foto: epd-bild / Norbert Neetz
Abschlussgottesdienst des Katholikentages 2012 in Mannheim
"Wir brauchen den Franziskus-Geist": Katholikentag beginnt
An diesem Mittwoch (28. Mai) beginnt der Katholikentag in Regensburg. Es ist das erste Katholikentreffen in der Amtszeit von Papst Franziskus. Reformorienterte Katholiken erwarten nun auch in Deutschland einen Aufbruch.
28.05.2014
epd
Barbara Schneider

Die katholische Kirche in Deutschland hat derzeit keinen leichten Stand. Der Eklat um den früheren Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst, den der Papst nach ausufernden Baukosten im Bistum amtsenthoben hat, schwingt noch nach. Spuren hinterlässt bis heute der Missbrauchsskandal. Dessen Aufarbeitung, mit der inzwischen das zweite Forschungskonsortium betraut ist, steht immer noch am Anfang. Beide Themen bestimmen den Katholikentag, zu dem ab 28. Mai in Regensburg 27.000 Dauergäste und mehrere Zehntausend Tagesteilnehmer erwartet werden.

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Zur Überraschung vieler hatte der frühere Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller zum diesjährigen Katholikentreffen eingeladen. In seiner Regensburger Zeit geriet Müller mehrfach in Konflikt mit katholischen Reformgruppen. Inzwischen ist er zum Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation aufgestiegen. Am Katholikentag nimmt der Kurienkardinal allerdings nicht teil. Aus terminlichen Gründen, wie der Sprecher des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Theodor Bolzenius, beteuert.

Sex, Familie und Ehe auf der Agenda

Das Katholikentreffen in Regensburg ist das erste, das in die Amtszeit des reformwilligen lateinamerikanischen Papstes Franziskus fällt. Die Hoffnung der Basisgruppen innerhalb der katholischen Kirche ist daher groß, dass die Offenheit, die Franziskus vorlebt, auch in Regensburg zu spüren ist. "Wir brauchen den Franziskus-Geist", sagt Christian Weisner von der Reformgruppe "Wir sind Kirche". Und auch die Organisatoren, das Zentralkomitee der deutschen Katholiken, haben sich mit ihrem Leitwort "Mit Christus Brücken bauen" viel vorgenommen.

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Der Katholikentag findet wenige Monate vor der Familiensynode statt, die Papst Franziskus für den Herbst anberaumt hat. Zu deren Vorbereitung hatte Franziskus eine Umfrage zu Familie und Ehe in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse aus den deutschen Bistümern waren deutlich, bescheinigten sie doch der katholischen Kirche ein überkommenes Familienbild sowie eine überholte Sexualmoral. Regensburg bietet den Laien nun die Möglichkeit, das Thema weiter in die Öffentlichkeit zu tragen. Insbesondere die für viele katholische Christen wichtige Zulassung wiederverheiratet Geschiedener zur Eucharistie wird in Regensburg wohl diskutiert werden.

Brücken will das Katholikentreffen zudem in Gesellschaft und Politik schlagen. Nach Regensburg kommt - ähnlich wie auch zu den evangelischen Kirchentagen - zahlreich Politprominenz: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wird über Europa reden, Bundespräsident Joachim Gauck hat sich zum Podium über "Wie viel Religion verträgt die säkulare Gesellschaft?" angesagt. Angekündigt haben sich ebenfalls die Bundesminister Thomas de Maizière, Hermann Gröhe (beide CDU) und Sigmar Gabriel (SPD). Auf der Tagesordnung stehen aber auch ethische Themen: Sterbehilfe, Lebensschutz, würdiges Leben im Alter.

Und sie kommt jetzt doch

An einer Stelle wäre der Bau einer Brücke zwischen Kirche und Gesellschaft im Voraus beinahe gescheitert. Wollte doch der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer die Teilnahme der früheren Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) an einer Podiumsdiskussion verhindern. Seine Argumentation, das Podium sei einseitig antikirchlich besetzt, ließen die Organisatoren allerdings nicht gelten. Das Podium findet unter dem Titel "Mehr als Ideologie und Blasphemie? Zum Streit um Religion im öffentlichen Raum" statt.

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Mit Regensburg findet das Treffen an geschichtsträchtigem Ort statt. Knapp 500 Jahre ist es her, dass die durch die Reformation verfeindeten Parteien zu Religionsgesprächen in Regensburg zusammenkamen. Und auch wenn es eine Randnotiz der Geschichte bleibt: In der Stadt des immerwährenden Reichstags starb im Jahr 1630 der Theologe und Astronom Johannes Kepler, der durch seine Forschung das bis dahin geltende geozentrische Weltbild ins Wanken brachte. Zum dritten Mal ist Regensburg Gastgeber des Katholikentages, zuletzt vor 110 Jahren.

"Regensburg hat eine lange Tradition in der Ökumene", sagt Alois Glück. Der einstige bayerische Landtagspräsident ist seit 2009 Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, als solcher leitet er den Katholikentag. Rund 100 ökumenische Veranstaltungen stehen auf dem Programm. Für Protestanten von besonderer Bedeutung sind dabei die Podien, auf denen das Reformationsjubiläum verhandelt wird. Das Zentralkomitee und der Deutsche Evangelische Kirchentag planen bereits eine gemeinsame Veranstaltung zum 500. Jahrestag der Reformation in drei Jahren.