Selber salzen, selber leuchten!

Foto: Getty Images/Hemera/Anna Khomulo
Selber salzen, selber leuchten!
Sieben Wochen lang haben wir bei der Fastenaktion "7 Wochen Ohne" selber gedacht, selber geredet, bekannt, gehandelt, gesucht und uns geprüft. Und nun? Wie können wir über Ostern hinaus im Leben und im Alltag weiterleuchten, Salz der Erde und Licht der Welt sein? Gedanken zum "selber Leuchten".
16.04.2014
Eduard Kopp, Kathrin Oxen, Nadia El Karsheh, Fulbert Steffensky, Susanne Breit-Keßler und Kristina Dronsch

 

Klein und verbindlich

Eduard Kopp, Theologe und Redakteur bei chrismon: An der Rede vom "Salz der Erde" hat mir immer die Vermessenheit gefallen: Jesu Anhänger werden zur Würze für die ganze Welt. Aber was mag das bedeuten? Dass wir die Welt bekömmlich, wohlschmeckend machen?

###mehr-info### Dass wir sie konservieren, ähnlich wie Pökelsalz einen Braten und Fisch? Oder dass man nur wenig Würze braucht, um eine große Wirkung zu erzielen? Am meisten leuchtet mir diese letzte Erklärung ein: Wenn wir unsere Kraft optimal einsetzen, richten wir sehr viel aus. Das "Salz", das mir dabei vor Augen ist, besteht nicht aus weißen Kristallen, sondern aus kleinen verbindlichen Gesten, wenn einmal heftig die Fetzen fliegen. Oder aus einem Satz, der eine brenzlige Situation entgiftet. Oder aus einer Hilfestellung, vielleicht unbedeutend, aber nützlich. Eine Prise genügt. 

"Wenn aber das Salz dumm wird, womit wird man würzen?" Vor ein paar Monaten bin ich an dummes Salz geraten: an "Kali + Salz"-Aktien. Die haben mir mehr Verdruss gebracht als alle anderen zuvor. Sie schmierten richtig ab. Dummes Salz wirft man hinaus, sagt die Bibel. Das tat ich. Es wurde ein teurer Spaß. Sehr viel teurer als das andere, das kostenlose Salz. 

Eine Prise und ein Funke

Kathrin Oxen, Leiterin des Zentrums für evangelische Predigtkultur in Wittenberg: Es geht um meinen Glauben. Manchmal wäre es ja wirklich schön, "die da oben" machen lassen zu können. Einfach mal klare Ansagen und dann mitgehen können, statt selbst zu denken. Aber so leicht ist es nicht. Ich bin gefragt, das kann mir niemand abnehmen. Und das heißt doch auch: Es ist nicht egal, wie ich lebe und was ich sage.

Salz der Erde und Licht der Welt sein sollt ihr, sagt Jesus. Eine Prise und ein Funke, da wo es eintönig und gleichgültig wird. Ja, es ist jetzt auch empirisch belegt, was wir schon lange sehen können. Dass es nicht mehr selbstverständlich ist, zur Kirche zu gehören. Das sich wirklich nicht alle Menschen für den Glauben interessieren. Aber das macht mir keine Angst. Eine Prise und ein Funke sein, das kann ich schaffen. Und andere werden das merken.

Nicht so offen wie gewohnt

Nadia El Karsheh, deutsche Pfarrerin in Kairo: "Salz der Erde sein und Licht der Welt" – das Motto der Evangelischen Jugend! Das hieß für uns: Christliches Profil zeigen, kein Blatt vor den Mund nehmen. Salz in die Wunde streuen.

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Und: Dinge ans Licht zu bringen, die keiner sehen will. Seit 2013 lebe ich in Ägypten. Unsere Schule hat die Schriftzüge von ihren Bussen entfernt: Deutsche Evangelische Oberschule – zu leicht erkennbar. Selber leuchten, Salz sein in Zeiten der Verunsicherung?

Ich verstecke mich nicht, weder als Christin noch als Pfarrerin. Aber: Ich spreche nicht so offen wie gewohnt, frage mich: Wer ist mein Gegenüber? Wer liest meine E-Mails mit? In diesem Land werden massiv Menschenrechte verletzt. Auch die Christen rechtfertigen das Vorgehen der Regierung meist sehr unkritisch. Ich bin vorsichtiger, diskutiere nicht mit jedem. Selber leuchten geht anders.

Die Hand frommer als das Herz

Fulbert Steffensky, Theologe und Religionspädagoge: "Ihr seid das Licht der Welt!" Geht’s auch kleiner? möchte man fragen. Eine junge Frau hat mir erzählt, wie sie versucht, den großen Auftrag in eine kleine Münze zu wechseln. Sie hat zwei Kinder. Ihr eigener Glaube steht nicht auf festen Beinen. "Aber meine Kinder brauchen mehr als Schuhe und Strümpfe und Milch und Brot", sagt sie. So hat sie sich etwas vorgenommen, was beinahe über ihre eigene Glaubenskraft hinausgeht. Sie zeichnet ihren Kindern jeden Abend, nachdem sie mit ihnen gesungen hat, ein Kreuz auf die Stirn. Es ist ein bescheidenes Zeugnis ihres eigenen Glaubens. Fast ist die Hand, die das Kreuz zeichnet, frommer als ihr Herz. Aber sie wirft mit der kleinen Geste Licht auf das, was ihr wichtig ist. Sie ist die Missionarin ihres kleinen Glaubens. Das ist viel.

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Laut lachen, herzhaft weinen

Susanne Breit-Keßler, Münchner Regionalbischöfin und Vorsitzende des Kuratoriums bei "7 Wochen Ohne": Fremdbestimmt habe ich elend miese Laune. Es steht mir einfach nicht, eine Marionette zu sein, auf Kommando zu gehorchen, mich wegzuducken. Ich spüre, wie sich meine Stirn in Falten legt und ich müde, fahl im Gesicht werde.

Sobald ich selber denke und entscheide, geht es mir dagegen gut. Ein Blick in den Spiegel genügt und ich sehe: Diese Frau – das bin ich – hält sich gerade; sie bleibt aufrecht. Sie hat ordentlich Pep und strahlt von innen heraus. Selber denken: Ich kann ich sein. Aufatmen. Durchschnaufen. Gehirn lüften. Stirn entkrampfen. Kopf in den Nacken. Arme kreisen. Laut lachen, herzhaft weinen. Stolz sein. Das beste Anti-Aging-Programm der Welt.

Deine Tränen sind keine Waisen

Kristina Dronsch, Referentin für Frauen und Reformationsdekade bei Evangelische Frauen in Deutschland (EFiD): Weiterdenken zu Salz und Licht – gar nicht so einfach. Beide, das Salz und das Licht, unscheinbar oft, aber stets unersetzlich. Alles andere ist schal und farblos. Einzigartig in Geschmack und Wahrnehmung – mit nichts zu vergleichen. Und doch so klar zu erkennen: als Leuchten in der Dunkelheit und zuletzt als die Spur Deiner getrockneten Tränen. Ich rufe Dir zu: Deine Tränen sind keine Waisen in dieser Welt. Wir, das Salz der Erde, tragen die Hypothek Deines Schmerzes! Wir, das Licht der Welt, sind Zeugnis Deiner Augenblicke jenseits der Dunkelheit! Salz und Licht – biblisch gesehen zwei der freundlichsten Gaben, mich als Geschöpf Gottes zu verstehen. Weiterleben ohne Salz und Licht – unmöglich.