"Nehmet hin und esset": Oblate oder Brot?

Leonardo da Vinci: Das Abendmahl
Foto: akg-images
"Nehmet hin und esset": Oblate oder Brot?
Welche Brotsorte ist angemessen für den Leib Christi beim Abendmahl? Darüber wurde schon in den Anfangszeiten der Christenheit diskutiert.
17.04.2014
epd
Susanne Müller

Was liegt da auf dem Tisch in Leonardo da Vincis berühmtem Gemälde vom letzten Abendmahl, das Jesus mit seinen Jüngern hielt? "Weckle", würde der Schwabe spontan sagen, "Semmeln" die Bayerin und "Brötchen" der Rest der Republik. Ein Gebäck offensichtlich. Es ist handtellergroß, hellbraun, gewölbt. Das Malergenie hat die Akteure im Bild ausdrucksstark und symbolträchtig gemalt. Aber hat da Vinci auch das "richtige" Gebäck wiedergegeben?

Die Bibel beschreibt das letzte Abendmahl vor dem Kreuzestod Jesu, an das am Gründonnerstag erinnert wird, im 1. Korintherbrief (Kapitel 11,Vers 23b-24) so: "Der Herr Jesus, in der Nacht, da er verraten ward, nahm er das Brot, dankte und brach's und sprach: Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird; das tut zu meinem Gedächtnis."

Lutheraner nehmen Oblaten, Reformierte Brot

In einer Erläuterung zur kirchlichen Abendmahlsfeier erklärt die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD): "Nicht jedes Stück Nahrung ist dafür geeignet, Christi Leib und Blut gegenwärtig werden zu lassen." Weiter steht in der Broschüre aber auch: "Die Frage, ob für diese Zwecke Weißbrot oder Oblaten verwendet wird, sollte nicht zu einer theologischen Grundsatzfrage hochstilisiert werden."

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In der katholischen Kirche ist die Situation nach dem Codex Iuris Canonici eindeutig: "Das Brot muss aus reinem Weizenmehl bereitet und noch frisch sein, so dass keine Gefahr der Verderbnis besteht", steht dort.

In den protestantischen Kirchen gibt es eine größere Vielfalt. In den lutherisch geprägten Kirchen wie in Württemberg ist die Verwendung von Oblaten üblich - und hier dürfen es mit Rücksicht auf Glutenallergiker auch weizenmehlfreie sein. Reformierte Protestanten feiern häufiger mit richtigem Brot Abendmahl. Spätestens seit sich die protestantischen Kirchen nach rund 400 Jahren Uneinigkeit im Abendmahlsverständnis 1973 in der sogenannten "Leuenberger Konkordie" geeinigt haben, ist die Frage "Oblate oder Brot?" jedoch kein Streitpunkt mehr.

Mazzen aus Mehl und Wasser

Die orthodoxe Kirche verwendet gesäuertes Brot. Das hat im 11. Jahrhundert sogar zum sogenannten "Azymenstreit" geführt: Der Patriarch von Konstantinopel warf denjenigen Christen Ketzerei vor, die nach lateinischem Ritus ungesäuerte Brote verwendeten. Die lateinische Kirche revanchierte sich damit, ihn zu exkommunizieren. 

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Der biblischen Überlieferung zufolge hat Jesus bei seinem letzten Abendmahl wohl Brotfladen aus ungesäuertem Teig verwendet. Laut dem Lukasevangelium (Kapitel 22,1) saßen er und seine Jünger beim traditionellen jüdischen Passahmahl. Dem Talmud zufolge dürfen dabei die Mazzen genannten Brote nur aus Wasser und Mehl bestehen. Sie müssen so schnell zubereitet werden, dass auch im Herstellungsprozess keine Säuerung einsetzen kann. 

In der katholischen Kirche ist aus dem 8. Jahrhundert belegt, dass ungesäuerte Brote in Form von runden, flachen Scheiben beim Abendmahl verwendet wurden. Sie waren mit Symbolen oder Bildern verziert. Um diese Zeit entstanden auch die Oblaten, die gegenüber Brot einen wesentlichen Vorteil haben: sie krümeln praktisch nicht. Nach katholischem Verständnis macht die sogenannte Wandlung durch einen Geistlichen die Hostie beim Abendmahl zum Leib Christi.

Roggen aus dem Todesstreifen

Ein Abendmahlbrotrezept zum Selberbacken hat eine evangelische Gemeinde in Köln erarbeitet und ins Internet gestellt: Ausprobiert wurde es bei einem Gemeindeworkshop und heraus kommt ein so hellbraunes Brot wie auf da Vincis Gemälde. Aus Weizenmehl, Wasser, etwas Hefe, Salz und Olivenöl wird ein Brot gebacken, das "gut schmeckt und kaum krümelt", heißt es. In Berlin backt seit einigen Jahren die Versöhnungsgemeinde aus Roggen von einem kleinen Feld im ehemaligen Todesstreifen Brote und Oblaten.

"Im Abendmahl sollen Hoffnung und Freude sowie die Gemeinschaft der Menschen mit Gott und der Menschen untereinander zum Ausdruck kommen", heißt es in den Erläuterungen der EKD. Für viele Christen sei das Abendmahl Teil ihrer Frömmigkeit, weil sie darin auch Vergebung der Sünden und den Zuspruch Gottes erfahren. Und zwar unabhängig davon, ob Brot oder Oblate verwendet werden.