Zollitsch gibt mit 75 Jahren nach einer sechsjährigen Amtszeit den Vorsitz ab und stellte Marx nach der geheimen Wahl am Vormittag der Öffentlichkeit vor. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz hat vor allem repräsentative Aufgaben und vertritt die Bischöfe als Sprecher nach außen. Er wird turnusgemäß für sechs Jahre gewählt. Schon bei der Wahl 2008 war Marx als Bischofskonferenz-Vorsitzender im Gespräch. Allerdings galten auch andere Bischöfe als mögliche Zollitsch-Nachfolger, zumal Marx bereits wichtige Ämter im Vatikan innehat.
Erst am Wochenende machte Papst Franziskus den 60-jährigen Kardinal Reinhard Marx zum Koordinator des neuen Wirtschaftsrats im Vatikan. Bereits seit 2013 ist er Mitglied in dem von Franziskus berufenen Kardinalsrat zur Kurienreform. Die Wahl zum Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz steigert noch einmal den Einfluss des öffentlichkeitswirksamen Westfalen.
Stärkere Verkündigung der christlichen Botschaft
Das neue Amt sei eine neue große Herausforderung, sagte Marx, der nach korrigierten Angaben der Bischofskonferenz im vierten Wahlgang mit absoluter Mehrheit gewählt wurde. Als neuer Vorsitzender woll er dazu beitragen, dass die Stimme der katholischen Kirche in Deutschland gehört werde, erklärte er. Dass er als vormaliger Bischof von Trier und heute in München die Herausforderungen und die Mentalitäten der Bistümer kenne sowie gute Kontakte zum Vatikan habe, seien gute Voraussetzungen für das neue Amt. Als Vorsitzender sei er jedoch nicht der deutsche Papst, der den Bistümern Anweisungen gebe. Als Sprecher der Bistümer wolle er auf Kommunikation setzen.
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Marx hatte sich bereits in Gottesdienst am Mittwochmorgen für eine stärkere Verkündigung der christlichen Botschaft ausgesprochen. Dabei solle es nicht um eine Veränderung von Glaubensinhalten oder eine Anpassung an den sogenannten Zeitgeist gehen. Wichtig sei eine neue Schwerpunktsetzung auf das Zentrum des Glaubens. Marx war schon vor sechs Jahren für das Amt im Gespräch und wurde nun neben anderen wiederum als möglicher Zollitsch-Nachfolger gehandelt.
Marx machte sich weit über die katholische Kirche hinaus einen Namen als profilierter Sozialethiker. Sein Buch "Das Kapital", das 2008 während der Finanzkrise erschien, stieß auf große Resonanz. Marx zeigte sich darin überzeugt von der Marktwirtschaft, der Arbeitsmarkt sei aber kein moralfreier Raum. Maßgeblich war er an der Ausarbeitung der Sozialinitiative "Gemeinsame Verantwortung für eine gerechte Gesellschaft" von katholischer und evangelischer Kirche beteiligt, die Ende Februar vorgestellt wurde.
Von Geseke bis Paris
Der Sohn eines Schlossermeisters wurde 1996 zum Weihbischof ernannt. Im gleichen Jahr begann er als Professor für Christliche Gesellschaftslehre an der theologischen Fakultät in Paderborn, ein Posten, den er bis 2002 bekleidete. 2008 wurde er in sein Amt als Erzbischof von München und Freising eingeführt. Zuvor stand er an der Spitze des ältesten deutschen Bistums Trier. Im Oktober 2010 ernannte ihn der ehemalige Papst Benedikt der XVI. zum Kardinal.
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Im Zuge der Missbrauchsaffäre innerhalb der katholischen Kirche forderte Max "größtmögliche Transparenz". Zunächst war er der einzige Diözesanbischof, der die Vorfälle von unabhängiger Stelle prüfen ließ. Aktuell äußerte sich Marx kritisch zur Kirchensteuer: Sie sei "kein Dogma", aber ein geeignetes System, die Kirchenmitglieder an der Finanzierung der kirchlichen Aufgaben zu beteiligen.
Der 1953 im westfälischen Geseke geborene Marx hat zahlreiche weitere Aufgaben. Unter anderem leitete er seit 2004 die Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen der Deutschen Bischofskonferenz. Seit 2012 ist er Präsident der Kommission der Bischofskonferenzen der Europäischen Gemeinschaft.
Er studierte Theologie und Philosophie in Paderborn, Paris, Münster und Bochum. Ein wichtiger Arbeitsbereich für Marx sind die Ökumene und der interreligiöse Dialog. Dieser sei bisher nicht "ausgeprägt", lautet seine Einschätzung. Denn häufig fehlten, etwa im Islam, autorisierte theologische Ansprechpartner.