Der Sieg über Lepra ist noch in weiter Ferne

Foto: epd-bild / Rolf Bauerdick
Ein Bewohner des Rehabilitationszentrums für Leprakranke in Indien beim Spinnen. In dem Zentrum wohnen über 60 geheilte Leprapatienten.
Der Sieg über Lepra ist noch in weiter Ferne
Obwohl der "Aussatz" schon vor Jahrtausenden erkannt wurde, bekommt die Forschung die Krankheit nicht in den Griff: Wie genau Lepra-Bakterien übertragen werden, ist immer noch ein Rätsel. Dabei gibt es Heilmittel.
26.01.2014
epd
Silvia Vogt

Sie ist eine Krankheit aus biblischen Zeiten und noch immer nicht besiegt: An Lepra, dem einstigen "Aussatz", erkranken jedes Jahr weltweit rund 230.000 Menschen. Viele von ihnen leiden ein Leben lang an ihren Verstümmelungen, weltweit sind rund vier Millionen ehemalige Lepra-Patienten behindert.

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"Wir haben derzeit keine Möglichkeit, diese Zahlen weiter zu senken", beklagt Burkard Kömm, Geschäftsführer der Deutschen Lepra- und Tuberkulosehilfe in Würzburg. Dabei ist die Lepra seit mehr als 30 Jahren mit einem Medikamentencocktail vollständig heilbar - wenn sie rechtzeitig erkannt wird und die Bakterien noch keine bleibenden Schäden angerichtet haben. Dass die Erkrankten zu spät gefunden werden oder ihnen schlicht das Geld für die Behandlung fehlt, ist aber nur einer der Gründe dafür, dass der "Aussatz" nicht bezwungen werden kann.

Als wichtigste Ursache für den stockenden Kampf gegen die Lepra nennt Kömm das noch immer fehlende Wissen, wie genau die Erreger übertragen werden. Angenommen wird Tröpfcheninfektion. Voraussetzung für eine Ansteckung ist offenbar langer und enger Kontakt, eine kurze Berührung reicht für eine Infektion nicht aus.

Lepra gibt Medizinern viele Rätsel auf

"Aber wir können bislang nur erahnen, ob und wie die Bakterien außerhalb des menschlichen Körpers überleben können, um später andere Menschen zu infizieren", sagt Kömm. "Oder warum manche Menschen nicht erkranken, anscheinend aber andere anstecken können." Ohne die Antworten auf diese Fragen könne die Übertragungskette aber nicht durchschlagen werden.

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"Die letzten Rätsel der Lepra müssen geklärt werden", unterstreicht der Mediziner Joost Butenop in einem Beitrag für das Robert-Koch-Institut und weist zugleich auf eine weitere Hürde im Kampf gegen die Bakterien hin: "Lepra ist auch eine 'Krankheit im Kopf der Gesunden'." Lepra-Kranke werden oft ausgeschlossen und stigmatisiert. "Noch heute werden Lepra-Patienten nach Bekanntwerden der Diagnose vom Arbeitgeber entlassen und von der Familie verstoßen", erklärt der Arzt. "Viele Betroffene bevorzugen, die Diagnose für sich zu behalten." Das hemme sowohl Behandlung als auch die Erforschung der Geheimnisse der Lepra.

Offensichtlich ist indes, dass die Lepra eine Krankheit der Armen ist. Hunger und miserable hygienische Verhältnisse sind ein idealer Nährboden. Die meisten neuen Fälle wurden auch bei den jüngsten Erhebungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) aus Indien gemeldet, dort erkrankten nach offiziellen Zahlen rund 135.000 Menschen. Die Dunkelziffer ist vermutlich weit höher.

Krankheit bleibt meißt lange unentdeckt

Sehr stark verbreitet ist die Lepra auch in Brasilien, Indonesien und in rund einem Dutzend weiterer Länder Afrikas und Asiens. In Deutschland werden laut Robert-Koch-Institut nur einzelne Fälle bekannt.

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Die Patienten steckten sich zumeist bei langen Auslandsaufenthalten an - die zum Zeitpunkt der Erkrankung möglicherweise schon Jahre zurücklagen. Denn die Inkubationszeit beträgt laut WHO bis zu 20 Jahre, was es den Medizinern und Forschern häufig unmöglich macht, Ort und Umstände der Infektion herauszufinden.

Die nach Deutschland ausgewanderte Brasilianerin Evelyne L. dachte zunächst an Stress, als sie helle Flecken auf ihrer Haut entdeckte. Erst nach vier Monaten stand die Diagnose Lepra. Wo sie sich die Infektion eingefangen hat, weiß die junge Frau bis heute nicht. "Vielleicht von Oma und Opa", sagte sie der Lepra- und Tuberkulosehilfe. "Aber die haben nie Anzeichen gehabt."

Immer wieder bleibt Lepra auch unentdeckt, weil die Krankheit bis auf die Flecken auf der Haut zunächst nicht spürbar ist. Lepra an sich tut nicht weh. Die Bakterien greifen die Nerven an und schalten das Schmerzempfinden aus. Daher nehmen die Kranken auch Verletzungen häufig nicht mehr wahr. Die Wunden werden nicht behandelt, entzünden sich und führen schließlich zu den typischen Lepra-Verkrüppelungen, den Krallenhänden und verstümmelten Füßen.