Facebook: Die Zweiteilung der Welt

Die einen dabei, die anderen nicht - Facebook teilt die Welt. Aber wer nicht dabei ist, für den bricht auch keine Welt zusammen.
Foto: Markus Spiske/photocase.com
Die einen dabei, die anderen nicht - Facebook teilt die Welt. Aber wer nicht dabei ist, für den bricht auch keine Welt zusammen.
Facebook: Die Zweiteilung der Welt
Facebook wächst weltweit weiter, hat seine Konkurrenten abgehängt und sogar seinen eigenen Film. 10 Jahre alt ist das soziale Netzwerk inzwischen und ist aus dem digitalen Alltag nicht wegzudenken - noch nicht.

Aus dem Alltag sind Facebook und Co heute nicht mehr wegzudenken. Nicht nur für viele Jugendliche beginnt und endet der Tag im sozialen Netzwerk: Sie teilen private Fotos, kommentieren Einträge, verabreden sich mit Freunden oder lesen aktuelle Postings. Die Kommunikation im Netz gehört wie selbstverständlich zum Leben dazu. Vor zehn Jahren, am 4. Februar 2004, ging mit Facebook das heute erfolgreichste Soziale Netzwerk an den Start. 

Alle sind immer erreichbar

In Deutschland haben inzwischen laut ARD/ZDF-Onlinestudie 2013 rund 22 Millionen Menschen ab 14 Jahren ein Profil bei Facebook. Weltweit nutzen nach Angaben des Unternehmens monatlich mehr als eine Milliarde Menschen das vom früheren Harvard-Studenten Mark Zuckerberg entwickelte Netzwerk. "Facebook ist so erfolgreich, weil es den Menschen aktive Teilnahme an Internetkommunikation auf niedrigstschwelligem Niveau bietet", erklärt der Paderborner Medienwissenschaftler Oliver Leistert.

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Das inzwischen börsennotierte US-Unternehmen war laut Branchendienst Bitkom Research im Jahr 2013 Spitzenreiter unter den Sozialen Netzwerken. Ein Erfolg, von dem andere nur träumen können: SchülerVZ gibt es nicht mehr. Google+ hat sich als Special-Interest-Netzwerk etabliert. Und auch LinkedIn, Instagram und Xing rangieren dem Branchendienst zufolge weit abgeschlagen.

Besonders reizvoll für die Nutzer ist die schnelle Kommunikation mit Freunden - ob von unterwegs auf dem mobilen Endgerät oder am heimischen Computer. "Mit dem Aufkommen der sozialen Netzwerke entstand die umfassende Möglichkeit, rund um die Uhr erreichbar zu sein", sagt der Leipziger Medienwissenschaftler Bernd Schorb. Über zehn Jahre lang hat er in einem Forschungsprojekt das Mediennutzungsverhalten der Jugendlichen zwischen zwölf und 19 Jahren untersucht.

Lieber online chatten, statt auf Partys tanzen

Mit der Möglichkeit, immer im sozialen Netzwerk präsent zu sein, verschwimmen allerdings auch die Grenzen zwischen privat und öffentlich. Der Tübinger Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen spricht von einer Zweiteilung der Welt. "Auf der einen Seite: die Welt der direkten, der unmittelbaren Interaktion, der face-to-face-Präsenz ohne mediale Vermittlung", sagt er. Dem stehe auf der anderen Seite die Welt der Sozialen Netzwerke entgegen, "in die wir blitzschnell eintauchen können - egal, wo wir sind".

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Für den Alltag hat diese Art der Mediennutzung Konsequenzen. Die Online-Aktivität geht nach Ansicht des US-amerikanischen Wirtschaftswissenschaftlers Scott Wallsten auf Kosten echter Sozialkontakte. Je mehr Zeit jemand online verbringt, desto seltener geht er zu Partys, kulturellen Veranstaltungen und ins Museum, hat der Forscher am Washingtoner "Technology Policy Institute" herausgefunden.

Das ist freilich nur die eine Seite der Medaille. Gegenwind kommt auch von Datenschützern. Facebook steht bei ihnen regelmäßig in der Kritik: nutzerunfreundliche, komplizierte Profileinstellungen, das Speichern von Ortungsdaten. Nichts, kein Eintrag, kein vom User bereits gelöschter Post, kein veröffentlichtes Foto geht verloren. Facebook vergisst nie. "Datenschutz und Privatsphäre stehen im Gegensatz zum Geschäftsmodell von Facebook", sagt Leistert.

Mehr Nutzerdaten bedeuten mehr Geld für Facebook

Und damit nicht genug: Im Zuge der NSA-Affäre kam heraus, dass der US-Geheimdienst auch Facebook angezapft hat. "Das Kommunikationsverhalten von Jugendlichen, die in Sozialen Netzwerken aktiv sind, wird von Geheimdiensten begleitet", kommentiert Leistert. Eine Tatsache, die viele Jugendliche jedoch zumeist nicht verunsichere. Im Mittelpunkt steht für sie das Kommunizieren mit Freunden, alles andere ist nicht zu fassen, zu weit weg. Jugendlichen fehle ein Problembewusstsein darüber, was der Anbieter mit ihren Daten mache, sagt Medienwissenschaftler Schorb.

Das Geschäftsmodell von Facebook ist einfach. Das Unternehmen sammelt Daten, um sie wiederum zu Geld zu machen. "Das Paradigma des Web 2.0 ist nichts anderes als der Verkauf von Daten", sagt Leistert. Die Nutzerdaten werden unter anderen an Direkt-Marketing-Firmen oder Werbeunternehmen weiterverkauft. "Der Handel mit Daten ist zu einem soliden Eckpfeiler der Internetökonomie geworden; der Markt ist dereguliert und praktisch unkontrollierbar."

Zugleich entwickelt sich der Markt weiter, die Konkurrenz schläft nicht. Der Messenger-Dienst WhatsApp etwa, bekanntgeworden als kostengünstige Alternative zur SMS, ist besonders bei Jugendlichen beliebt und ersetzt inzwischen mitunter die Facebook-Nutzung. "Die Neugier an neuer Software ist für ein etabliertes soziales Netzwerk wie Facebook die größte Bedrohung", prophezeit Leistert.