Der Südkoreaner Ban Ki Moon ist ein unauffälliger Mann. Dem Generalsekretär der Vereinten Nationen sagen viele Mitarbeiter sogar nach: Er habe kein Charisma, er sei ein eher langweiliger Redner, er sei eben ein geborener UN-Funktionär. Trotzdem galt Ban immer als gewiefter Taktiker, den ein feines Gespür für das Machbare leitet.
Viele schütteln den Kopf
Jetzt aber schütteln viele UN-Angestellte den Kopf über den kapitalen diplomatischen Fehler ihres Chefs, der in der jüngeren Geschichte internationaler Konferenzen wohl einmalig sein dürfte: Kurz nachdem Ban den Iran zum Auftakt der Syrien-Friedenskonferenz am Mittwoch in der Schweiz eingeladen hatte, zog er die Einladung wieder zurück. Es war ein Rückzieher von einem Tag auf den anderen. "Das hätte ihm nicht passieren dürfen", hieß es bei den UN in Genf. Fast schon spöttisch fiel die Reaktion aus Moskau aus: Bans Entscheidung sei ein "Fehler", aber "keine Katastrophe", sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow.
###mehr-artikel###Ban versuchte sich zu rechtfertigen: Er sei "tief enttäuscht" über die Iraner. Sie hätten ihm zunächst private Zusicherungen gemacht, zu denen sie sich später öffentlich nicht mehr bekennen wollten. Konkret geht es um die Bildung einer syrischen Übergangsregierung mit voller exekutiver Gewalt, die den Weg zu einem friedlichen, demokratischen Staat ebnen sollte. Noch am Sonntag hatte Ban versichert: "Ich glaube sehr ernsthaft, dass der Iran Teil einer Lösung der Syrienkrise sein muss."
Laut Diplomaten knickt Ban mit der Ausladung vor den USA und der syrischen Opposition ein. Washington und die oppositionelle Syrische Nationale Koalition hatten mit ihrem Fernbleiben bei der Friedenskonferenz gedroht, falls die Iraner dort erscheinen. Die USA und der Iran stehen sich seit Jahrzehnten feindlich gegenüber - trotzt der jüngsten Übereinkunft im Atomstreit. Und die Syrische Nationale Koalition betonte, sie wolle nicht mit Teheran verhandeln.
UN-Funktionäre vermuten: Es habe schlichtweg Abstimmungspannen zwischen dem UN-Generalsekretär und der US-Regierung gegeben. Das Hickhack um die Nichtteilnahme des Mullah-Regimes überschattet nun die Syrien-Konferenz zur Beendigung des seit fast drei Jahre andauernden Bürgerkriegs. Gastgeber Ban büßt laut Diplomaten zum Auftakt der Gespräche erheblich an Autorität ein. Vermittler müssten resolut und überzeugend auftreten, hieß es am Genfer UN-Sitz. Erlaubten sie sich Schnitzer, dann sollte das nicht vor den Augen des internationalen Publikums geschehen.
Syrien versinkt im Chaos
Zudem: Der Iran als der große regionale Verbündete des syrischen Regimes sei in der Lage, die Machthaber in Damaskus zu Zugeständnissen zu bewegen. Nach der Ausladung durch Ban rechnen Diplomaten mit einer kompromisslosen Haltung Teherans. Das Mullah-Regime werde weiter unbeirrt am syrischen Machthaber Baschar al-Assad festhalten. Bei der Lösung des Konfliktes könne man kaum auf die regionale Großmacht setzen.
Für die Menschen in Syrien ist das eine schlechte Nachricht: Das Land versinkt immer mehr in Gewalt und Chaos, Millionen Menschen sind auf der Flucht, weit mehr als 100.000 starben. Die entsetzlichen Dimensionen der Gewalt zeigen auf ein Neues die jetzt bekanntgewordenen Fotos aus den Folterkellern des Assad-Regimes. Nach den Zeugnissen eines Überläufers soll das Regime seit Ausbruch des Konflikts 2011 rund 11.000 inhaftierte Menschen ermordet haben.