Erneut hat die Autorin ihr Buch selbst adaptiert, so dass die charakteristischen Merkmale der Vorlage erhalten geblieben sind (Regie: Carlo Rola). Tatsächlich hätte der Handlung eine gewisse Zuspitzung sicher nicht geschadet. Mitunter wirkt der Film fast zu gefällig, denn so kurzweilig die giftigen Dialogszenen mit Liefers und Stefanie Stappenbeck (als nicht minder mittellose Kanzleipartnerin Marie-Luise) auch sind: Gelegentlich hat es den Anschein, als habe man die komödiantischen Talente der beiden keinesfalls brachliegen lassen wollen.
Eine reizvoll undurchsichtige Geschichte
Dem Filmvergnügen tut das keinen Abbruch, zumal die Geschichte reizvoll undurchsichtig ist: Kaum hat ein obdachloser Mandant Vernaus nach einem Prozesstermin das Gericht verlassen, wird er beinahe das Opfer der schießwütigen Rentnerin Margarete Altenburg (Gudrun Ritter). Die Frau weigert sich zu erklären, warum sie auf den ihr offenbar wildfremden Stadtstreicher (Udo Samel) geschossen hat und bittet Vernau, der sich umgehend zu ihrem Anwalt erklärt hat, in ihrer Heimatstadt Görlitz nach Antworten zu suchen.
Der Jurist reist also an die polnische Grenze, findet dort aber nur heraus, dass sich der Sohn von Frau Altenburg kurz nach der "Wende" erhängt hat. Außerdem trifft er ihren Schachpartner (Rolf Hoppe), der die Rätselhaftigkeit der Ereignisse eher noch vertieft. Kurz drauf erliegt die alte Dame einem Herzinfarkt, der Fall hat sich also von selbst erledigt, doch er lässt Vernau keine Ruhe; erst recht nicht, als der Obdachlose, der vor Jahren als LKW-Fahrer ein kleines Mädchen getötet hat, schließlich doch noch ermordet wird. Irgendwer übt offenbar Gerechtigkeit, wo das Recht Milde hat walten lassen.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Auch Vernau erliegt ihren Reizen, übrigens zum großen Verdruss von Marie-Luise: Die beiden sind zwar kein Liebespaar, benehmen sich aber wie eins; vor allem die Kollegin. Stefanie Stappenbeck spielt das so gut, dass ihre Rolle unbedingt ausgebaut werden sollte; selbst auf die Gefahr hin, dass die Werktreue leidet. Als Stichwortgeberin für Liefers ist sie jedenfalls schlicht verschwendet.