Männer in Kitas: Auch kleine Schritte führen ans Ziel

Foto: epd/Stefan Arend
Ein gerngesehenes Exemplar: Ein Erzieher spielt mit ein Kindergruppe im Stuhlkreis in der evangelischen integrativen Kita in Essen-Kettwig.
Männer in Kitas: Auch kleine Schritte führen ans Ziel
Seit Jahren fehlen männliche Erzieher in Kitas. Das Image des Berufs ist klischeebelastet, die Bezahlung niedrig und die Möglichkeiten für Quereinsteiger schlecht. Doch nach einem dreijährigen deutschlandweiten Modellprojekt sind erste Erfolge sichtbar.

Auf Bäume klettern, einen Indianertanz aufführen und Kinder trösten, all das ist Alltag in einer Kindertagesstätte. Den Männer jedoch kaum mitgestalten, denn sie arbeiten selten als Erzieher in Kitas. Damit sich das ändert, hat das Familienministerium gemeinsam mit dem Europäischen Sozialfonds (ESF) die Initiative "Mehr Männer in Kitas" gestartet. Ende 2013 lief das Projekt aus - Zeit, Bilanz zu ziehen.

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Die gute Nachricht gleich vorweg: Es sind mehr Männer in Kitas beschäftigt als zu Beginn des Projektes. Doch die absoluten Zahlen sind weiter niedrig. 2010, zum Start der Initiative, waren deutschlandweit knapp 377.000 pädagogische Fachkräfte in Kitas beschäftigt, etwa 10.000 davon waren männlich (Anteil: 2,65 Prozent). 2012 war die Zahl auf bundesweit gut 13.000 Männer gestiegen. Das entspricht durchschnittlich 3,17 Prozent, auch wenn es regional große Unterschiede gibt.

Über drei Jahre wurde in 16 Modellprojekten in 13 Bundesländern für mehr Männer in Kitas geworben. Kitas haben sich beispielsweise auf Berufsmessen und Schulen vorgestellt, ihre Türen für Schülerpraktikanten geöffnet und neue Ausbildungswege eröffnet.

Selbst ausprobieren, um den Beruf kennen zu lernen

Birgit Hamm berichtet, dass im Rahmen des Projektes in Stuttgart 2011 eine praxisintegrierte Fachschule gegründet wurde. Die Ausbildung dort dauert drei Jahre, die Schüler besuchen Schule und Kitas immer im Wechsel. Während der Ausbildungszeit bekommen sie ein Gehalt von etwa 700 Euro. Von 45 Fachschülern sind 18 männlich.

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Peter Grundler, der die Modellprojekte in Nürnberg koordinierte, betreute auf dem "Boys Day" einen Erlebnisparcours, auf dem Jugendliche zum Beispiel Bobbycar-Rennen fahren konnten. Er hält es für sinnvoll, die Interessenten "selbst etwas ausprobieren zu lassen". Junge Männer hätten so erfahren, wie vielseitig die Arbeit in einer Kita sein könne, sagt er.

Auch Dorothea Herweg, Projektleiterin im Diözesan-Caritasverband Köln, sagt, viele Jugendliche wüssten zu wenig über den Beruf des Erziehers. Jungen, die Erzieher werden wollen, müssten immer noch mit Vorurteilen kämpfen, weil er mit einem weiblichen Rollenbild verknüpft sei. Und: Eltern und Freunde reagierten oft ablehnend, ergänzt Birgit Hamm.

Wenige Chancen für einen Quereinstieg

Auch deshalb engagierte sich Anke Goppold, Leiterin der Kita "Zwergenland" im hessischen Allendorf, als Online-Mentorin für einen Berufspraktikanten, der sich im letzten Ausbildungsjahr befand. Ein halbes Jahr lang telefonierte sie regelmäßig mit ihm, besuchte ihn in seiner Einrichtung und habe ihm "Mut zugesprochen", langfristig im Job zu bleiben. Oft sei es schwierig, männliche Erzieher nach ihrer Ausbildung langfristig in den Kitas zu halten, weil viele in andere Bereiche der Jugendhilfe abwandern.

Problematisch sei das schlechte Image des Erzieherberufs, sagen die Koordinatoren der Modellprojekte. Eine niedrige Bezahlung, Vorurteile und etwa schlechte Möglichkeiten zum Quereinstieg machten den Beruf unattraktiv.

Austausch zwischen Männern in Kitas geht weiter

Laut Jens Krabel von der bundesweiten Koordinationsstelle habe sich während des Projektes außerdem herausgestellt, dass Männer sich teilweise mit dem pauschalen Verdacht konfrontiert sehen, potenzielle Missbrauchstäter zu sein. Manche Erzieher trauten sich kaum, ein Kind auf den Schoß zu nehmen - aus Angst, in Verdacht zu geraten, bestätigt Grundler. Nun gibt es zahlreiche Broschüren, die erklären, wie ein Erzieher oder seine Kollegen sich verhalten können, wenn ein Verdacht besteht. Das Thema müsse weiter mit Eltern, Kollegen und Kindern besprochen werden.

Aber: Vielerorts sind Arbeitskreise für männliche Erzieher, Väterstammtische und andere Netzwerke zum Austausch zwischen Männern entstanden, die auch nach dem Ende des Projektes bestehen bleiben. Die Modellprojekte haben wichtige Impulse für die Arbeit von Männern in Kitas geliefert, da sind sich die Beteiligten einig, doch es bleibt viel zu tun. Dorothea Herweg sagt: "Veränderungsprozesse brauchen einen langen Atem, aber letztlich führen auch kleine Schritte zum Ziel".