CSU und SPD streiten um Einwanderer aus Osteuropa

Wie offen stehen Deutschlands Türen für Einwanderer aus osteuropäischen Ländern?
Foto: Fotolia/JiSIGN
Wie offen stehen Deutschlands Türen für Einwanderer aus osteuropäischen Ländern?
CSU und SPD streiten um Einwanderer aus Osteuropa
Seitdem Bulgaren und Rumänen uneingeschränkt in Deutschland arbeiten dürfen, befeuert die CSU eine Debatte über Armutseinwanderung. Damit schade sie Deutschland, kontert die SPD, während sich Seehofer auf den Koalitionsvertrag beruft. Dabei schließt das deutsche Recht eingewanderte Ausländer bereits jetzt von Sozialleistungen aus.
03.01.2014
epd
Bettina Markmeyer

In der Debatte über Zuwanderung aus Osteuropa verschärft sich der Ton. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte der "Süddeutschen Zeitung" (Donnerstagsausgabe), wer die Arbeitnehmer-Freizügigkeit infrage stelle, "schadet Europa und schadet Deutschland". Die Freizügigkeit sei ein unverzichtbarer Teil der europäischen Integration.

###mehr-artikel###

Deutschland habe davon "ungemein und sicher viel mehr als andere profitiert", unterstrich Steinmeier. Gerade jetzt kämen viele junge Menschen aus Südeuropa, um in Deutschland zu lernen und zu arbeiten: "Das nützt uns, und das hilft auch den Staaten, aus denen sie kommen."

Seit Jahresbeginn gilt auch für Bulgaren und Rumänen die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit innerhalb der EU. Alle Bürger dieser Staaten können nun ohne Genehmigung in anderen europäischen Ländern arbeiten. Bisher galt das nur für Akademiker, Auszubildende und Saisonarbeiter.

Die CSU dagegen sieht die Freizügigkeit durch Armutszuwanderer missbraucht. In einer Beschlussvorlage der CSU-Landesgruppe für ihre Klausur in wenigen Tagen fordert die Partei schärfere Regeln wie etwa eine Wiedereinreisesperre nach Sozialbetrug. "Wer betrügt, der fliegt", heißt es in dem Papier.

Katrin Göring-Eckardt: CSU agiert "schäbig und antieuropäisch"

CSU-Chef Horst Seehofer bekräftigte in der "Bild"-Zeitung, dass die CSU gegen jene Einwanderer vorgehen will, die ungerechtfertigt Sozialleistungen in Anspruch nehmen. So stehe es auch im Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD, sagte Seehofer und machte deutlich, dass das umgesetzt werden müsse. Die Beschlussvorlage der CSU sieht eine "generelle Aussetzung" aller Sozialleistungen während der ersten drei Monate vor.

###mehr-info###

Das träfe diejenigen Ausländer, die als Selbstständige in Deutschland arbeiten, aber zusätzlich Hartz-IV-Aufstockungen bekommen. Denn alle anderen Ausländer haben bereits jetzt keinen Anspruch auf solche Leistungen, und auch nach den ersten drei Monaten in der Regel nicht.

Verunsicherung ist dadurch entstanden, dass einige Landessozialgerichte einzelnen Klägern - zuletzt einer rumänischen Familie in Nordrhein-Westfalen - Hartz-IV-Leistungen zugesprochen haben. Andere Landessozialgerichte haben den Ausschluss von Hartz-IV-Leistungen aber generell bestätigt. Das Bundessozialgericht hat die Frage, ob die deutsche Regelung gegen EU-Recht verstößt, inzwischen dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt.

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katrin Göring-Eckardt, forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf, ihren Regierungspartner in die Schranken zu weisen: "Wer wie die CSU mit Ausgrenzung und Diskriminierung politisch Stimmungen macht, agiert schäbig und antieuropäisch und beschädigt das Ansehen Deutschlands."

Der Vorsitzende der Linkspartei, Bernd Riexinger, warf der CSU in der in Halle erscheinenden "Mitteldeutschen Zeitung" "verbale Brandstiftung" vor. Der Slogan, "Wer betrügt, der fliegt" komme den Wahlplakaten der NPD sehr nahe, die allen Ausländern einen "Guten Heimflug" gewünscht habe, so Riexinger.

Es geht um wenige Aufstocker

Die Zahl der Menschen, um die es geht, ist sehr klein. Nach Angaben des Bundesarbeitsministeriums bekamen im August 2013 insgesamt 2.139 selbstständige Bulgaren und Rumänen die Aufstockung vom Amt - 1,6 % der 127.812 Selbstständigen, deren Einkommen durch die Jobcenter aufgebessert wurde. Wie lange diese Aufstocker bereits in Deutschland waren, ist nicht bekannt.

Die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe, Gerda Hasselfeldt, wies die Vorwürfe zurück, die CSU sei gegen die Freizügigkeit. Sie sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), das gelte "selbstverständlich auch für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen aus Bulgarien und Rumänien". Die CSU-Forderungen beträfen nur "diejenigen Zuwanderer, die missbräuchlich Leistungen in Anspruch nehmen und damit unser Sozialsystem ausnutzen wollen", sagte Hasselfeldt und forderte "eine Handhabe im nationalen und im EU-Recht".

Finanzielle Hilfen für Kommunen, die besonders viele Armutseinwanderer unterbringen müssen, lehnte Hasselfeldt ab. Die CSU wolle die Kommunen bei der Bekämpfung von Schwarzarbeit und Scheinselbstständigkeit unterstützen, sagte sie: "Hier geht es weniger um finanzielle Leistungen als um die enge Zusammenarbeit und den Informationsaustausch der Behörden auf allen Ebenen."