So einfach kann Komödie sein: Man nehme zwei unterschiedliche Welten, lasse sie aufeinanderprallen und würze das Ganze mit gepfefferten Dialogen. Autor Wolfgang Limmer hat Jan Fedder, dem Star dieses Films, einige schöne Zeilen in den Volksmund gelegt. Die Rolle des Müllwagenfahrers Hannes, der sich mit Mutterwitz und Vaterliebe dagegen wehrt, dass seine Tochter einen "Pfeffersack" ehelicht, ist allerdings auch wie gemalt für den populären Routinier mit der Reibeisenstimme. Mitunter gehen Limmers sorgsam gefeilte Spitzen ein wenig unter, weil Stephan Meyers Inszenierung zuweilen in Ohnsorg-Theater ausartet, aber über den größeren Teil der Handlung bewahren die Darsteller Contenance.
Verhandlungsbeschleuniger
Die Geschichte ist im Grunde genommen schlicht: Annika (Anja Knauer), Tochter eines alleinerziehenden Hamburger Vaters (Fedder), hat sich bei ihrer Ausbildung im auswärtigen Luxushotel in den vermeintlichen Küchenjungen Alexander (Patrick Güldenberg) verguckt. Beide wissen nicht viel voneinander. Der junge Mann reagiert allerdings recht reserviert, als Annika auf der gemeinsamen Heimfahrt ihren Vater in der Zeitung entdeckt: Als "Verhandlungsbeschleuniger" für die laufenden Tarifgespräche haben Hannes und seine Kumpane vor der schicken Villa des Innensenators eine komplette Fuhre Müll abgeladen. Als Alexander seine Verlobte und ihren Vater nach Blankenese einlädt, um im einige Dutzend Mitglieder umfassenden "erweiterten Familienkreis" die bevorstehende Hochzeit zu verkünden, weckt er in Hannes den Klassenkämpfer: Der Jungkoch ist Spross einer schwerreichen Hamburger Hotelierdynastie; seine Mutter (Mareike Carrière) würde eine Heirat "nach unten" nie zulassen. Auf der Feier treffen außerdem prompt auch Hannes und der Senator aufeinander: Der Politiker ist Nachbar und ein enger Freund der Familie. Hannes gibt als Branche zunächst "Entsorgung" aus, aber dann sorgt Annika für klare Verhältnisse.
Neben den wunderbaren Dialoggefechten liegt Limmers Geschick vor allem in der Konstruktion der Geschichte, in deren Verlauf sich die Protagonisten mehr oder weniger freiwillig immer wieder über den Weg laufen, weil erst die beiden Kinder miteinander durchbrennen und Alexanders Vater (Ulrich Noethen) später zum Schlichter im Tarifstreit ernannt wird. Diverse Details sorgen auch zwischen den Gesprächen für Kurzweil: Großzügig gewährt Hannes Alexanders Mutter eine Mitfahrt auf dem Müllbock, eher grimmig nimmt er als bekennender HSV-Hasser eine Einladung von Alexanders Vater in die Hamburger Fußballarena an; und dann sind da noch die witzigen Zwischenspiele seiner ewig gut gelaunten Kollegen (Henning Peker und Badasar Calbiyik), die sich gern zum Tonnenkasper machen.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Der höchst unterhaltsame Film hat nur einen Haken: Der junge Patrick Güldenberg ist ein nicht mal attraktiver Langweiler ohne jede Ausstrahlung. Es ist daher nicht eine Sekunde lang nachzuvollziehen, was die hübsche und intelligente Annika an diesem schnöseligen "Pfeffersack" findet, der den gemeinsamen Ausreißversuch prompt beendet, als seine Mutter die Kreditkarte sperrt. Und wenn man ganz pingelig ist, klingt Anja Knauer, obwohl gebürtige Hamburgerin, nicht wie jemand, der sein ganzes Leben in der Hansestadt verbracht hat. Davon abgesehen ist "Meine Tochter und der Millionär" eine sympathische Hommage an jene Männer, die ganz im Sinne Heinz Erhardts von Tür zu Tür eilen und dem Müll eine Abfuhr erteilen.