Jakob und Esau
Die wohl bekannteste und schönste Versöhnungsgeschichte der Bibel spielte sich zwischen den Brüdern Jakob und Esau ab. In seiner Jugend war Jakob so eifersüchtig auf Esau, den Erstgeborenen und Liebling des Vaters, dass er ihm hinterlistig das Erstgeburtsrecht und den väterlichen Segen stahl. Aus Angst vor Esaus Zorn floh Jakob. Als sich viele Jahre später eine Begegnung mit Esau anbahnte, geriet Jakob in Panik vor lauter Angst, der Bruder könnte ihn und seine Familie umbringen. Jakob überlegte, ob er seinen Bruder vielleicht mit einem Geschenk besänftigen könnte.
Zitat: "Und er … neigte sich siebenmal zur Erde, bis er zu seinem Bruder kam. Esau aber lief ihm entgegen und herzte ihn und fiel ihm um den Hals und küsste ihn und sie weinten."
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Unversöhnlichkeit
Aber nicht immer ist es so leicht, sich mit Menschen zu versöhnen, von denen man hintergangen wurde. In den Sprüchen Salomos heißt es: "Wer mit einer Verheirateten die Ehe bricht, der ist von Sinnen. … Denn Eifersucht erweckt den Grimm des Mannes, und er schont nicht am Tage der Vergeltung und achtet kein Sühnegeld und nimmt nichts an, wenn du auch viel schenken wolltest." Manches lässt sich eben nur schwer wiedergutmachen. Trotzdem rät die Bibel auch diesen Menschen, doch mal über Versöhnung nachzudenken – manchmal ist das die weisere Lösung, bevor ein Streit in Mord und Totschlag endet.
Zitat: "Des Königs Grimm ist ein Bote des Todes; aber ein weiser Mann wird ihn versöhnen."
Versöhnung ist möglich
Sprüche 16,7; Sirach 22,22; 27
Außerdem ermutigt die Bibel dazu, nicht aus falscher Scham auf Versöhnungschancen zu verzichten. "Nur Schmähungen, Missachtung, Preisgabe von Geheimnissen und hinterlistige Nachrede: das verjagt jeden Freund." Und wer sich um eine gute Beziehung zu Gott und den Mitmenschen bemüht, der kann auf Gottes Unterstützung bei der Versöhnung mit seinen Feinden vertrauen, denn: "Wenn eines Menschen Wege dem Herrn wohlgefallen, so lässt er auch seine Feinde mit ihm Frieden machen."
Zitat: "Hast du gegen deinen Freund den Mund aufgetan, so sei ohne Sorge; denn ihr könnt euch wieder versöhnen."
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Versöhnung mit Gott
Die Bibel beschreibt Gott jedoch nicht nur als gütig und nachsichtig. Bleiben die Menschen unbelehrbar, kann er sehr wütend werden. Deswegen warnt das Buch Sirach: "Denke auch nicht: Gott ist sehr barmherzig; er wird sich versöhnen lassen, wenn ich auch noch so viel sündige. Er kann sehr bald zornig werden … Darum zögere nicht, dich zum Herrn zu bekehren, und verschiebe es nicht von einem Tag auf den andern." Versöhnung muss also immer von beiden Seiten gewünscht sein. Wer sein Fehlverhalten trotz Versöhnungsangeboten fortsetzt, verhindert Versöhnungserfahrungen.
Zitat: "Denn Gott zürnt nicht wie ein Mensch, der sich nicht versöhnen lässt."
Versöhnungstag
Der Versöhnung mit Gott war im Judentum schon damals ein ganzer Feiertag gewidmet. Der Versöhnungstag sollte als Fasten- und Ruhetag begangen werden. Nur an diesem Tag durfte der Hohepriester das Allerheiligste betreten. Er schlachtete einen Stier als Sühneopfer für sich und seine Familie und einen Bock als Opfer für Gott. Außerdem wurde ein lebendiger Bock als Sündenbock in die Wüste getrieben: Der Priester legte "seine beiden Hände auf dessen Kopf" und bekannte "alle Missetat der Israeliten und alle ihre Übertretungen, mit denen sie sich versündigt haben" und legte sie dem Bock symbolisch "auf den Kopf". Daraufhin wurde der Bock in die Wüste gebracht. Er sollte die "Missetat auf sich nehme und in die Wildnis trage", damit die Fehler des vergangenen Jahres nicht länger zwischen Gott und den Menschen standen.
Zitat: "Dass also der Bock alle ihre Missetat auf sich nehme und in die Wildnis trage."
Jesus fordert zur Versöhnung auf
Auch Jesus forderte die Menschen auf, alle Unstimmigkeiten mit den Mitmenschen zu beseitigen und sich zu versöhnen, bevor man Gott entgegentritt: "Wenn du deine Gabe auf dem Altar opferst und dort kommt dir in den Sinn, dass dein Bruder etwas gegen dich hat, so lass dort vor dem Altar deine Gabe und geh zuerst hin und versöhne dich mit deinem Bruder, und dann komm und opfere deine Gabe." Außerdem rät er, sich nach einem Streit schnell um Versöhnung zu bemühen und ihn nicht erst eskalieren zu lassen: "Vertrage dich mit deinem Gegner sogleich, solange du noch mit ihm auf dem Weg bist, damit dich der Gegner nicht dem Richter überantwortet und der Richter dem Gerichtsdiener und du ins Gefängnis geworfen wirst."
Zitat: "Vertrage dich mit deinem Gegner sogleich, solange du noch mit ihm auf dem Weg bist."
Christus der Versöhner
Im Grunde stand Jesu Wirken immer im Zusammenhang mit Versöhnungsbemühungen. Er setzte sich mit Sündern an einen Tisch, sprach im Namen Gottes Vergebung aus und zeigte Wege zur Umkehr auf. Da verwundert es nicht, dass die ersten Christen das Thema auch mit Jesu Tod in Verbindung brachten. Man ging davon aus, dass er sterben musste, um stellvertretend alle Menschen mit Gott zu versöhnen. Sündenbockrituale und Ähnliches waren nun nicht mehr nötig. Jesus hatte für alle Zeit alle Sünden auf sich genommen, um den Menschen eine unbelastete Gottesbeziehung zu ermöglichen. Im zweiten Brief an die Korinther drückt Paulus das so aus: "Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit sich … und hat unter uns aufgerichtet das Wort von der Versöhnung". Wer die frohe Botschaft verkünde, könne sich also auch als Botschafter der Versöhnung verstehen und die Menschen zur Annahme des göttlichen Versöhnungsangebots aufrufen.
Zitat: "Lasst euch versöhnen mit Gott!"