Die Trauer kennt keine Hautfarben

Foto: dpa/Kim Ludbrook
Hunderte Menschen legen Blumen nieder, beten und singen vor dem Haus von Nelson Mandela in Johannesburg.
Die Trauer kennt keine Hautfarben
Südafrika nimmt feierlich Abschied von Nelson Mandela
Sie singen und beten, tanzen und entzünden Kerzen: Der Tod Mandelas hat bei schwarzen und weißen Südafrikanern tiefe Trauer ausgelöst. Viele versprechen, sich nach seinem Vorbild für Gerechtigkeit und Versöhnung einzusetzen.
06.12.2013
epd
Leonie March
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Südafrikas Präsident Jacob Zuma spricht vielen Landsleuten aus der Seele. "Auch wenn wir wussten, dass der Tag kommen würde, kann nichts unser Gefühl des tiefen und dauerhaften Verlusts verringern", sagt er am Donnerstagabend in seiner Fernsehansprache zum Tod Nelson Mandelas. Hunderte Menschen haben sich vor Mandelas Haus in Johannesburg versammelt, in dem er nach langer schwerer Krankheit im Kreis seiner Familie gestorben war. Sie singen, tanzen, zünden Kerzen an, legen Blumen nieder und beten.

Damit drücken die Bürger ihre Anteilnahme mit der Familie und ihre Wertschätzung für das Lebenswerk des ehemaligen Freiheitskämpfers und ersten demokratisch gewählten Präsidenten aus. Die Stimmung ist würdevoll und friedlich. Mandela habe die Nation vereint, gemeinsam werde sie nun von ihm Abschied nehmen, hat Zuma in seiner Ansprache betont. Tatsächlich kennt die Trauer keine Hautfarben. Schwarze und weiße Südafrikaner erinnern sich gemeinsam an die große Warmherzigkeit des Vaters der Nation, seinen Humor und seine beispiellose Gabe zu verzeihen.

Vorbild an Integrität und Versöhnung

Es sind Szenen, die Nelson Mandela freuen würden. Zeitlebens hat er sich für die Versöhnung eingesetzt und selbst beeindruckend vorgelebt, wie sie gelingen kann. Nach 27 Jahren im Gefängnis reichte er seinen Feinden die Hand und rief die Wahrheits- und Versöhnungskommission ins Leben, um die Verbrechen der Apartheid-Ära aufzuklären. Ein schmerzvoller, aber wichtiger Prozess, in dem die Opfer des rassistischen Apartheid-Regimes den Tätern begegneten.

Mandela sei eine einzigartige Persönlichkeit mit einem "außergewöhnlichen Mangel an Bitterkeit" gewesen, würdigte ihn der letzte Apartheid-Präsident, Frederik Willem de Klerk. Er hatte 1990 die Freilassung Mandelas aus dem Gefängnis angeordnet und erhielt 1993 gemeinsam mit Mandela den Friedensnobelpreis. 

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Der ehemalige anglikanische Erzbischof Desmond Tutu dankte Gott in einem Gebet für Mandela und dessen Mut. Er sei ein Vorbild an Integrität und Versöhnung gewesen, eine Führungspersönlichkeit, die sich in den "Dienst des Volkes" gestellt habe. Leider sei Südafrika diesem Vorbild bislang in mehrfacher Hinsicht nicht gerecht geworden. Tutu deutete damit die Probleme der jungen Demokratie an, darunter die weit verbreitete Korruption, sowie die tiefe Kluft zwischen Arm und Reich.

Viele Politiker, Prominente und einfache Bürger in Südafrika bekundeten ihren Willen, den von Mandela eingeschlagenen Weg weiter zu verfolgen. In einer ersten Reaktion erklärte der regierende Afrikanische Nationalkongress (ANC), dem Mandela schon im Anti-Apartheid-Kampf angehört hatte, der "große Baobab-Baum" sei gefallen, seine Wurzeln und seine Samen aber würden in der Erde bleiben.

Ganz Afrika trauert

Mandelas Erbe hänge nicht von seiner körperlichen Gegenwart ab, betonte auch seine langjährige Assistentin und Vertraute, Zelda la Grange. Sein Vermächtnis umfasse nicht nur all die Dinge, die nach ihm benannt wurden - seine Bücher, Bilder und Filme. "Es besteht darin, wie wir uns fühlen, wenn wir seinen Namen hören; im Respekt und in der Liebe, im Gemeinschaftsgefühl als Nation und besonders in den Beziehungen untereinander."

Ganz Afrika bewunderte Mandela und trauert nun um ihn. In den Straßen von Kenias Hauptstadt Nairobi bleiben Passanten auf der Straße stehen, um die Nachricht vom Tod des großen afrikanischen Staatsmannes in den Zeitungen zu lesen. "Durch den Tod Nelson Mandelas haben wir in der internationalen Politik an Bedeutung verloren, uns fehlt jetzt eine wichtige Stimme", sagt der Kenianer Kikonge Muriungu ins Mikrofon eines Reporters.

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Und er hat einen Herzenswunsch: "Ich fordere die afrikanischen Politiker dringend auf, dem Verstorbenen nachzueifern." Womöglich denkt er dabei an all die Korruptionsskandale, Machtmissbrauch und Menschenrechtsverletzungen in Kenia, Südafrika und anderswo auf dem Kontinent. Ähnlich empfindet der Kenianer Michael Oyugi: "Mandelas Tod bedeutet einen Rückschlag für den ganzen Kontinent", sagt er. "Was er für Südafrika erreicht hat, sicherte dem ganzen Kontinent einen Platz in der internationalen Arena."