Aids-Aufklärung von vorn: Uganda lernt aus Rückschlägen

epd-bild/Carsten Luther
Lule William (27, re.), HIV-positiv und schwanger, läst sich in der Gesundheitsstation Naguru in der ugandischen Hauptstadt Kampala beraten wie sie eine Übertragung des Virus auf das Kind verhindern kann.
Aids-Aufklärung von vorn: Uganda lernt aus Rückschlägen
Lange galt Uganda als Vorzeigeland im Kampf gegen Aids. Doch plötzlich ging die Zahl der Ansteckungen wieder in die Höhe. Regierung und internationale Organisationen reagieren mit einer neuen Aufklärungsoffensive - offenbar mit Erfolg.
01.12.2013
epd
Michaela Hütig

In einem Mini-Fernseher flimmert ein Aufklärungsvideo, an der Wand informiert ein Poster neben dem anderen über Aids, Verhütung und den Gebrauch von Kondomen. Gebannt verfolgt eine Gruppe Jugendlicher den Film, der erklärt, wie sich ein junges Paar vor einer Ansteckung mit HIV schützen kann. Die Mädchen und Jungen, die in die letzten Sitzreihen der Gesundheitsstation Naguru in der ugandischen Hauptstadt Kampala kauern, kichern verschämt.

Ein paar Bänke weiter vorn sitzt die 19-jährige Sarah. Auch sie starrt auf den Fernseher, allerdings mit teilnahmslosem Gesicht. Die Warnung vor einer Aids-Infektion kommt für sie zu spät: Die Schwangere trägt das HI-Virus schon in sich. In Naguru bekommt sie nun antiretrovirale Medikamente, um eine Übertragung auf das Baby zu verhindern. Über ihre Krankheit will die junge Hausfrau nicht sprechen: "Ich habe es von meinem Mann bekommen", sagt sie nur mit gesenktem Blick.

"Viele Jugendliche haben keine Ahnung, wie sie sich vor Aids schützen können"

Wie in vielen afrikanischen Ländern ist Sexualität auch in Uganda ein Tabu-Thema. Zu Hause in den Familien wird kaum darüber gesprochen, in den Schulen findet so gut wie keine Aufklärung statt. "Das liegt nicht zuletzt am katholischen Widerstand gegen Sexualkundeunterricht und gegen Kondome", sagt Timothy Sserubiri, der als Psychologe im Naguru Teenage Information und Health Center arbeitet. "Die Folge ist, dass viele Jugendliche absolut keine Ahnung haben, wie sie sich vor Aids schützen können."

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Diese Unwissenheit sowie Falschinformationen und Missverständnisse haben zuletzt dazu beitragen, dass Uganda im Kampf gegen HIV zurückfiel. Nachdem das Land noch Ende der 90er Jahre als Musterbeispiel in Afrika galt, gingen die Ansteckungsraten zwischen 2006 und 2011 plötzlich wieder in die Höhe.

Mit neuen Aufklärungsoffensiven bemühen sich Einrichtungen wie das Naguru-Gesundheitszentrum seitdem, den Trend wieder umzukehren - mit ersten Erfolgen. 2012 infizierten sich in dem 36-Millionen-Einwohner-Land laut Schätzungen 140.000 Menschen mit HIV und damit 20.000 weniger als im Vorjahr. Insgesamt sind etwa sieben Prozent der Bevölkerung zwischen 15 und 49 Jahren infiziert. Damit liegt Uganda in Afrika im Mittelfeld.

"Wir müssen dafür sorgen, dass die Leute im Umgang mit Aids nicht nachlässig werden", sagt Bernard Tusiime, Programm-Manager der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung in Uganda, die sich dort für Sexualaufklärung und Aids-Prävention einsetzt und unter anderem das Naguru-Center unterstützt. "In den letzten Jahren hat sich der Irrglaube verbreitet, dass Beschneidungen vor Aids schützen oder dass antiretrovirale Medikamente die Krankheit heilen. Viele Menschen haben deswegen leichtsinnig auf Kondome verzichtet." Die Medikamente verlangsamen lediglich die Ausbreitung der Viren im Körper. Eine vollständige Heilung können sie nicht erreichen.

Angenehmes Klima für Aufklärung

Naguru räumt mit allen Unklarheiten auf. Zu den meistgenutzten Angeboten gehören auch HIV-Tests. Im einzigen, spartanisch eingerichteten Untersuchungszimmer der Klinik lassen sich jeden Monat etwa 60 junge Leute testen, wie Direktor Peter Mpinga erklärt. Insgesamt nutzten im vergangenen Jahr 4.300 Menschen die durchweg kostenlosen Angebote des Zentrums, das 1994 als eine der ersten Kliniken speziell für Jugendliche an den Start ging und sofort riesigen Zuspruch fand.

Das besondere an Naguru ist laut Direktor Mpinga der "youth-friendly approach", die gezielte Ansprache Jugendlicher. "Die meisten jungen Leute werden nicht angemessen auf ihr Sexualleben vorbereitet", sagt er. "Das macht sie anfällig für Zwang, Missbrauch, ungewollte Schwangerschaft und sexuell übertragbare Krankheiten wie HIV." Aufgeklärte Jugendliche seien im Durchschnitt bei ihrem ersten Geschlechtsverkehr älter, nutzten häufiger Verhütungsmittel und hätten insgesamt weniger Sexpartner. Naguru will für diese Aufklärung ein angenehmes Umfeld schaffen, wie Mpinga sagt: "Die jungen Leute müssen sich hier wohlfühlen, sonst kommen sie nicht wieder."

Auch die im vierten Monat schwangere Sarah kommt jetzt regelmäßig in die Klinik, zusammen mit einer ebenfalls schwangeren Freundin. Durch die erste Vorsorgeuntersuchung dort hat sie überhaupt erst erfahren, dass sie HIV-positiv ist. "Immerhin weiß ich jetzt, worauf ich achten muss", sagte die 19-Jährige, die etliche Jahre jünger wirkt. "Und ich kann mein Baby vor einer Ansteckung schützen."