Glück ist Übungssache

Foto: Mike Powell/Thinkstock
Glück ist Übungssache
Eckart von Hirschhausen über die ARD-Themenwoche "Zum Glück", seine drei besten Tipps für mehr Zufriedenheit und himmlische Momente
16.11.2013
Cornelia Wystrichowski

Anleitung zum Glücklichsein: Bei der ARD dreht sich von 16. bis 22.11. in Shows, Fernsehfilmen, Talksendungen und Dokumentationen alles um das Streben nach Glück. Zu den Höhepunkten im Ersten zählen die Reportage "Sowas wie Glück" (18.11., 20.15 Uhr) von Anke Engelke, die Komödie "Ein Schnitzel für alle" mit Armin Rohde (20.11., 20.15 Uhr) und die Show "Zum Glück mit Hirschhausen" (22.11., 20.15 Uhr) mit Eckart von Hirschhausen, der sich seit Jahren intensiv mit dem Thema Glück befasst. Der 46-Jährige gehört gemeinsam mit "Tagesschau"-Sprecherin Linda Zervakis und der querschnittgelähmten Schwimmerin Kirsten Bruhn zu den Projektpaten der Themenwoche.

Herr von Hirschhausen, welche Tipps sollte man unbedingt beherzigen, um glücklich zu werden?

###mehr-personen### Eckart von Hirschhausen: Erstens: Warten Sie nicht auf das eine große Glück. Unsere Zufriedenheit ist die Summe von vielen kleinen "Glücks", unseren Gedanken, Beziehungen und Handlungen. Zweitens: Führen Sie ein Glückstagebuch. Tragen Sie jeden Abend in ein schönes kleines Buch mindestens drei Dinge ein, die an diesem Tag schön waren, überraschend, besser als erwartet. Drittens: Verschenken Sie sich. Engagieren Sie sich für etwas Sinnvolles. Wer sich ehrenamtlich engagiert, lebt bis zu sieben Jahre länger. Das Beste was Sie für sich tun können, ist etwas für andere zu tun.

Und was macht garantiert unglücklich?

Hirschhausen: Es gibt viele schöne, intensive Momente im Leben. Aber das "große" Glück oder gar Perfektion zu suchen, ist der sicherste Weg ins Unglück.

Ist der Mensch überhaupt in der Lage, wirklich glücklich zu sein?

Hirschhausen: Ja, aber nicht langfristig. Glück geht vorbei – zum Glück. Wir Menschen sind nicht dazu bestimmt, dauerhaft glücklich und zufrieden zu sein. Im Gegenteil, ich habe sogar den Eindruck, dass gerade die unzufriedenen Leute die Welt voranbringen. Die ganz Glücklichen machen keine Erfindungen und auch keine große Kunst. Praktisch alle großen Komponisten waren relativ unglückliche Gestalten. Hätte Van Gogh gute ärztliche Versorgung bekommen, dann wären uns viele Glücksmomente mit seiner Kunst entgangen. Für Van Gogh selbst wäre es natürlich besser gewesen.

"Es muss ja durch die Themenwoche nicht gleich ein Ruck durch Deutschland gehen. Aber ein kleines Lächeln, das fände ich schön"

Macht Geld glücklich? Wenigstens ein kleines bisschen?

Hirschhausen: Gegenfrage: Was ist der Unterschied zwischen einem Mann mit sieben Millionen und einem Mann mit sieben Kindern? Der mit den Millionen will weitere. Geld macht nachweislich glücklich, wenn man sehr wenig hatte und man seine Existenz sichern und deutlich verbessern kann. Wenn man es für Erlebnisse und zur Horizonterweiterung einsetzt, nicht für materielle Dinge. Und der sicherste Weg, wie Geld glücklich macht: es für andere einzusetzen.

###mehr-artikel### Macht die Konsumgesellschaft die Menschen unglücklich?

Hirschhausen: Vor allem der Neid und das ständige Vergleichen und Definieren von sich und anderen über Status und Konsum machen unglücklich. Deutschland ist dreißig Mal so reich wie 1950, aber sind wir dreißig Mal so glücklich? Nein. Wir sind als eine der reichsten Nationen international bei der Zufriedenheit auf Platz 26. Es muss ja durch die Themenwoche nicht gleich ein Ruck durch Deutschland gehen. Aber ein kleines Lächeln, das fände ich schön.

Macht Glaube glücklich?

Hirschhausen: Ich glaube an himmlische Momente, in denen wir glücklich sind. Ich denke, dass Gott vor allem in persönlichen Krisen wichtig ist. Bei aller Ungewissheit gibt er einem das Gefühl, dass die Welt einen Sinn hat. 

Gibt es eine genetische Disposition zum Glücklichsein? Oder anders gefragt: Ist Glück erblich und damit reine Glückssache?

Hirschhausen: Ein Teil ist Genetik. Genetik ist wiederum Glückssache. Aber der Rest ist Übungssache. Es ist wissenschaftlich belegt, dass man Glück lernen kann. Um Glück zu lernen, muss man seine Gedanken kennen lernen und sich zum Beispiel fragen: Mit wem vergleiche ich mich? Silbermedaillengewinner sind unzufriedener als Bronzemedaillengewinner. Silber denkt, ich hätte Gold haben können. Bronze denkt: Schön, dass ich überhaupt eine Medaille habe. Man kann üben, seine Gedanken zu beobachten und negative schneller unterbrechen. Der Optimist sagt, das Glas ist halb voll, der Pessimist sagt, das Glas ist halb leer. Und ein Unternehmensberater sagt: Sie haben 50 Prozent mehr Glas als Sie bräuchten.

"Glück besteht maßgeblich darin, sich verbunden zu fühlen: im Freundeskreis, im Kollegenkreis stabile, positive Beziehungen zu haben"

Sie gelten als Glücksexperte. Sind Sie denn selber glücklich?

Hirschhausen: Momentan sehr. Ich habe gerade die Premiere meines neuen Bühnenprogramms "Wunderheiler" erlebt. Ich habe ein Jahr lang dafür recherchiert, geübt, geprobt, und bekomme ein überwältigendes Feedback: Standing Ovations bei ausverkauftem Haus. Das ist Glück pur.

Kann das Streben nach Glück unglücklich machen?

###mehr-links### Hirschhausen: Ja, Glück ist eine Nebenwirkung eines gelingenden Lebens. Es ständig direkt anzusteuern, zu steigern oder optimieren zu wollen, macht es kaputt. Glück und Unglück sind ansteckend, ein Gemeinschaftsphänomen. Ein Irrtum der 80er Jahre war zu denken: Das Glück liegt in der Selbstverwirklichung, im Sinne von "Kreise um dich, und irgendwann bist du glücklich." Da kriegt man nur Rückenschmerzen, wenn man sich ständig mit dem eigenen Bauchnabel beschäftigt. Glück besteht maßgeblich darin, sich verbunden zu fühlen: im Freundeskreis, im Kollegenkreis stabile, positive Beziehungen zu haben. Das Gefühl, gebraucht zu werden, ist ganz existenziell.

Sie moderieren zum Abschluss der Themenwoche eine große Glücksshow. Macht Ihre Sendung die Zuschauer glücklicher?

Hirschhausen: Jeder hat in seinem Leben Glück und Unglück erfahren. Im Internet kann uns jeder sein persönliches Glücksrezept schicken, die besten Tipps aus ganz Deutschland kommen dann in der Sendung an die Öffentlichkeit. Wir laden Forscher ein, Prominente mit spannenden persönlichen Geschichten, und am Ende hat jeder, der will, ein paar praktische Tipps, wie man Glück üben kann. Es ist einfach glücklich zu sein. Schwer ist nur einfach zu sein.