Sascha Z. will endlich durchstarten. Sagt er zumindest. Zeit wird es. Er ist 21 Jahre alt und noch ohne Ausbildung. Jetzt wittert der junge Mann mit der trendigen dunklen Brille Morgenluft - als "Jobling" im hessischen Bensheim. An zehn Standorten in Deutschland nimmt die Organisation "Joblinge" benachteiligte Jugendliche unter ihre Fittiche. Das Motto lautet: Praxis vom ersten Tag an.
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"Wir versuchen, für Jugendliche mit schwierigen Startbedingungen noch eine Tür aufzumachen", sagt Kadim Tas, Projektleiter der "Joblinge gemeinnützige AG FrankfurtRheinMain", zu der der Standort Bensheim gehört. Von einer Null-Bock-Mentalität will der Prokurist nichts hören. "Die meisten Jugendlichen wollen raus aus der Abhängigkeit von Hartz IV." Dafür hangelten sie sich mit viel Einsatz von Praktikum zu Praktikum.
Sascha Z. bekennt offen, in der Schule oft geschlampt zu haben: "Mein Hauptschulabschluss war echt schlecht." Schule habe ihn nie wirklich interessiert - und die Schule sich wohl auch nicht für ihn. Auf eigene Faust sucht er nach einer Lehrstelle. Und scheitert zigfach. Weil das Jobcenter ihn auch nicht vermitteln kann, folgt die Rückkehr auf die Schulbank. Z. macht den Realschulabschluss nach: "Im Abschlusszeugnis steht beim Notendurchschnitt eine eins vor dem Komma" - doch eine Lehrstelle hat er noch nicht.
Schlüsselqualifikationen und soziale Kompetenz
Nach Angaben der Joblinge-Dachorganisation in München hat jeder zweite Hauptschulabgänger ein Jahr nach Schulende noch keinen Ausbildungsplatz. Rund 300.000 Jugendliche befinden sich im umstrittenen sogenannten Übergangssystem. Dort stecken die jungen Arbeitslosen in einem Teufelskreis, beklagen die Gewerkschaften und fordern eine Ausbildungsplatzgarantie für alle Schulabgänger - statt das teure Übergangssystem zu finanzieren, das für viele Jugendliche ohne Abschlusszeugnis zur endlosen Warteschleife werde.
Das Projekt "Joblinge" geht einen anderen Weg: Vorgeschaltetes Sozialpraktikum der Bewerber, dann Betreuung durch ehrenamtliche Mentoren, Erwerb von Schlüsselqualifikationen und sozialer Kompetenz in speziellen Kursen, Praktika in Partnerunternehmen. Im Idealfall steht am Ende die Vermittlung jedes Joblings in eine reguläre Ausbildung.
"Wir erreichen standortübergreifend mit 65 Prozent weit überdurchschnittliche Vermittlungsquoten", sagt Kadim Tas. Für ihn hat der Erfolg viele Väter: Bei Joblinge engagierten sich Firmen, Kommunen, Behörden und Zivilgesellschaft gemeinsam und stellten ein großes Netzwerk an Kontakten zur Verfügung. Bundesweit wurden bisher 1.300 Jugendliche unterstützt.
Das Leben läuft eben nicht immer glatt
Entwickelt wurde die Idee von der Unternehmensberatung The Boston Consulting Group und der Eberhard von Kuenheim Stiftung der BMW AG. 2008 nahm die erste Joblinge gAG ihre Arbeit in Zwiesel im Bayerischen Wald auf. Bundesweit gibt es inzwischen zehn Standorte, weitere sind in Planung.
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Sascha Z. ist seit rund vier Wochen dabei. Noch hat er nach eigenem Bekunden seinen Weg nicht gefunden, doch er fühlt sich in Bensheim gut betreut. Seinem Mentor, einem Bankdirektor, vertraue er: "Wir haben uns auf Anhieb gut verstanden." Seinen Traum, eine Banklehre zu machen, hat Z. trotz haushoher Hindernisse nicht aufgegeben.
An diesem Samstag wurde die Joblinge-Initiative in Frankfurt am Main mit dem Initiativpreis der Fairness-Stiftung ausgezeichnet. Stiftungsdirektor Norbert Copray: "Das ist ein wirksames Signal, junge Menschen mit geringen Einstiegschancen in die Berufstätigkeit nicht links liegen zu lassen, sondern sich ihnen zuzuwenden."
Für diesen Ansatz wirbt auch Peter Müller, Vorstand der Bensheimer GGEW AG, einem der Partnerunternehmen der Joblinge Bergstraße. Der Chef des Wasser- und Energieversorgers weiß, dass "bei Jugendlichen das Leben nicht immer glatt verläuft". Viele Joblinge kämen aus desolaten Familienverhältnissen, "können oft selbst nichts für ihr Schicksal".
Für den Vize-Präsidenten der IHK Darmstadt steht und fällt der Erfolg mit dem Einsatz der Mentoren: "Das sind erfahrene Leute, denen die jungen Leute nicht egal sind."