Wie so viele Fortsetzungen erzählt auch "Spätzünder 2" im Grunde die gleiche Geschichte ein zweites Mal: Senioren fühlen sich im Altenheim nicht angemessen behandelt und zetteln einen Aufstand an. In Teil eins galt der Unmut einer tyrannischen Heimleiterin, aber diesmal sind die Karten neu gemischt, denn ihre Nachfolgerin Marina (Ursula Strauss) hat für ihre Schutzbefohlenen nur das Beste im Sinn. Deshalb hat sie das Heim zu einem nach allen Regeln der esoterischen Kunst umgestalteten Hort der Glückseligkeit umgestaltet. Aus Sicht der Alten aber ist das alles zuviel des Guten, zumal Marina auch die Küche revolutioniert hat: Weil sich ältere Herrschaften leicht verschlucken, gibt es nur noch pürierte Kost; aber immerhin in Form eines Schweins, wenn das Püree in seiner früheren Wesensform ein Schnitzel war.
Auf der Suche nach Startkapital
Natürlich ist auch Rockmusiker Rocco (Jan Josef Liefers) wieder mit von der Partie. Im ersten Teil hat er für die Senioren noch das Tor zur Welt repräsentiert, weil er mit Degenhard Schagowetz (Joachim Fuchsberger) und seinen Leidensgenossinnen und -genossen (unter anderem Bibiana Zeller und Hans-Michael Rehberg) Musik machte; als "Rocco und die Herzschrittmacher" erntete die Rentnerband landesweiten Ruhm. Aber der Trend hat sich offenbar überlebt, es gibt keine Engagements mehr, und als die Alten ihr Heim zur autonomen Republik ausrufen, konfrontiert sie das Schicksal erneut mit der finsteren Gegenspieleirn von einst: Frau Glück (Petra Morzé) arbeitet mittlerweile fürs Ministerium und setzt dem Spuk ein rasches Ende. Einziger Ausweg: Degenhard und Co. kaufen das Heim. Kein Problem, denkt sich die Band, aber Rocco muss einräumen, dass er den kompletten Gewinn angelegt und im Zuge der Finanzkrise verloren hat.
Mitunter wirken die Dialoge etwas thesenhaft, weshalb sie selbst bei einem alten Hasen wie Fuchsberger deklamiert klingen, aber ansonsten knüpft die Fortsetzung in Sachen Temperament und Hingabe der Darsteller nahtlos an den ersten Teil an. Außerdem ist das Ensemble vortrefflich ergänzt worden: um Lisa Kreuzer als Althippie Sandra, die ihr Zimmer umgehend in eine Kifferhöhle verwandelt; und vor allem um Dieter Hallervorden, der hier ähnlich ernst wie in dem aktuellen Kinofilm "Sein letztes Rennen" agiert. Er spielt einen Sternekoch, der vom Sohn aus seinem Restaurant gedrängt wurde und nun im Heim grantelnd auf den Tod wartet. Mit seiner Hilfe schmiedet Degenhard einen Plan, wie man aus dem Heim einen florierenden Betrieb machen könnte. Jetzt brauchen die "Herzschrittmacher" bloß noch das nötige Startkapital, und da kommt ihnen ausgerechnet Rapper Sido gerade recht.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Abgesehen von den wenigen Szenen, in denen die Senioren allzu papierne Zeilen über Pflegenotstand und Unterforderung aufsagen müssen, hat Uli Brée, Stammautor von Regisseur Wolfgang Murnberger, wieder wunderbare Dialoge geschrieben. Den witzigsten Satz hat Lisa Kreuzer, als Sandra die Bedenken gegen Degenhards Szenario in Anspielung auf "Casablanca" vom Tisch wischt: "Uns bleibt immer noch Püree."