Syriens Christen bitten Europa um Hilfe

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Eine Christus-Statue in Aleppo überblickt die Gewalt in den Straßen der Stadt.
Syriens Christen bitten Europa um Hilfe
100.000 Christen haben das Bürgerkriegsland Syrien bereits verlassen. Die verbliebenen Menschen leiden bittere Not. Syrische Bischöfe bitten europäische Kirchen und Politiker, enger mit ihnen zusammenzuarbeiten.
18.10.2013
epd
Isabel Guzmán

Bischof Toumeh spricht leise und eindringlich. "In meiner Region gibt es mehr als 20.000 Flüchtlingsfamilien, die meisten davon Christen", sagt der orthodoxe Geistliche mit dem schwarzgrauen, gelockten Bart. Elias Toumeh kommt aus Marmarita in der Nähe der syrischen Stadt Homs. "Viele Kirchen in Europa schicken Geld für die syrischen Christen, aber die Hilfe kommt nicht bei allen an", klagt Toumeh.

Toumeh gehört dem syrischen Zweig der der griechisch-orthodoxen Kirche an. Er erlebt im Moment, wie seine Religionsgemeinschaft zwischen den Fronten des blutigen Bürgerkrieges aufgerieben wird. 100.000 Christen haben Syrien seit dem Beginn des Konflikts schätzungsweise verlassen, viele starben, unzählige leben als Binnenflüchtlinge unter elenden Bedingungen.

Humanitäre Hilfe als Teil der Kriegsführung?

Und viele hoffen vergeblich auf Unterstützung aus dem Ausland. Die humanitäre Hilfe ist in Syrien nicht selten ein Teil der Kriegspolitik. Der Machthaber Baschar al-Assad setzt alles daran, die ausländischen Gelder in die von ihm kontrollierten Gebiete zu lenken. Dort leben Muslime, Christen und andere Menschen, die die Hilfe dringend brauchen. Wer sich aber zufällig in einer Rebellenzone befindet, bekommt weniger oder nichts - erst recht als Christ. "Wir sind in Syrien die Schwächsten", sagt Toumeh.

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Der Bischof ist nach Europa gekommen, um so viele Kontakte zu knüpfen wie möglich. Gerade hat er seine Anliegen auf einer Konferenz christdemokratischer EU-Parlamentarier vorgetragen, die im zyprischen Nikosia unter anderem die Syrienkrise thematisierten. Das zum Laizismus tendierende Europaparlament hatte in der vergangenen Woche erstmals anerkannt, dass es in Syrien gezielte Übergriffe gegen Christen gebe. "Christen und andere Gemeinschaften befinden sich im Kreuzfeuer des Konflikts", heißt es in einer Resolution.

Wie kann mehr Hilfe zu den bedrängten Christen in den schwer zugänglichen Regionen gelangen? Einige wenige internationale Organisationen schaffen es stellenweise, auf eigene Faust zu den Menschen vorzudringen. Der Jesuitische Flüchtlingsdienst (JRS) etwa hilft 3.000 Familien verschiedener Konfessionen in Homs, betreibt außerdem mehrere Schulen. Viele Spenden kommen aus Frankreich, Deutschland, Österreich und der Schweiz. "Aber unsere Mittel werden knapper, weil das Leben in Syrien immer teurer wird", berichtet der syrische JRS-Mitarbeiter Ziad Hilal.

Mit den Flüchtlingen verschwindet auch das Christentum aus Syrien

Bischof Toumeh wünscht sich noch mehr direkte Zusammenarbeit mit den Kirchen in Europa. "Es gibt viele kirchliche Organisationen, die uns Bischöfe nicht als gleichwertige Partner ansehen", klagt er. "Dabei arbeiten wir vor Ort mit den Menschen, wir haben persönlichen Kontakt mit ihnen." Es brauche noch mehr Wege, um das Regime in Syrien zu umgehen, sagt er.

Doch noch ein anderes Problem treibt ihn um. Immer mehr Syrer sehen keine andere Möglichkeit mehr, als das Land zu verlassen, darunter auch viele Christen. Europa hat seine Tore für die Flüchtlinge ein Stück weit geöffnet. Gerade erst haben die christdemokratischen EU-Innenminister vereinbart, eine Aufnahme von 100.000 Syrern in Europa anzustreben. Auch die Staats- und Regierungschefs der EU wollen das Thema bei ihrem Treffen Ende kommender Woche besprechen.

Doch das würde auch einen Prozess befördern, den weder Europa noch die syrischen Bischöfe wollen: das schleichende Verschwinden des Christentums aus Syrien. Der Nahoststaat ist in gewisser Weise das Mutterland der Christenheit. "Europa will solidarisch sein, aber diesen Prozess nicht beschleunigen. Ich bin ratlos", sagt der CSU-Europaparlamentarier Manfred Weber.