Die Paralympics in London sind vorbei, für Medaillen hat es anders als in Athen 2004 nicht gereicht. Ihre Schwimmkarriere haben Sie mittlerweile beendet, sind aber auf eine neue Sportart umgestiegen. Wie haben Sie das Handbike für sich entdeckt?
Reppe: Ich habe Handbike schon länger ausprobiert, als zusätzliches Training neben dem Schwimmen. Es hat mir schon immer Spaß gemacht, und ich hatte jetzt Lust auf eine neue Herausforderung. Ich war bereits in einem Trainingslager und habe mittlerweile auch ein eigenes Bike, auf dem ich drei, vier Mal in der Woche fahre. Ich versuche so oft wie möglich zu trainieren, aber ich absolviere noch ein Fernstudium in Wirtschaftspsychologie und habe im September eine Ausbildung zur Immobilienwirtin angefangen.
###mehr-personen###Mit diesem Sport wollen Sie bei den Paralympics 2016 in Rio de Janeiro antreten. Wie bereiten Sie sich vor?
Reppe: Jetzt hatte ich meinen ersten Handbike-Marathon in Berlin, der auch ganz erfolgreich war. Bei den Paralympics in Rio dabei zu sein, ist ein Ziel von mir. Ich kann aber noch nicht sagen, dass ich dort auch wirklich hinfahre. Dazu muss ich erst einmal die Qualifikation schaffen und Leistung bringen. Aber ich möchte es auf jeden Fall versuchen. Im Vordergrund steht aber die Ausbildung. Ich habe jahrelang das Schwimmen in den Fokus gestellt. Ich kann aber nicht mein Leben lang nur Sport machen, und hoffen, dass irgendeiner einen auffängt. Wenn ich fertig mit der Ausbildung bin, will ich anfangen, jeden Tag zu trainieren. Dann muss ich mich bei den Wettkämpfen beweisen.
Athen, Peking, London – dort haben Sie schon bei den Paralympics teilgenommen, 2016 kommt vielleicht Rio dazu. Haben Sie während der Spiele überhaupt die Zeit, sich die Städte anzuschauen?
Reppe: In London haben wir uns mit der Mannschaft die Stadt angeschaut. Aber natürlich darf man sich auch nicht überanstrengen, so lange noch Wettkämpfe anstehen. Wenn ich mit Krücken zu viel durch die Stadt laufe, sind meine Arme auch müde und das ist vor einem Wettkampf schlecht. Aber man hat auch zwischen den Wettkämpfen meist ein paar Tage Pause, um sich die Städte anzuschauen. Nach den Spielen sind wir auch oft noch ein paar Tage länger geblieben. In Peking haben wir uns nach den Paralympics etwa die Chinesische Mauer angeschaut.
"Einige fordern, dass man die Olympischen Spiele mit den Paralympics verbindet und einen großen Wettkampf daraus macht. Diese Idee finde ich nicht gut."
Die Paralympics werden oft als zu teuer und als Widerspruch zur Inklusion von Menschen mit Behinderungen kritisiert. Wie stehen Sie dazu?
Reppe: Ich frage mich, wo der Widerspruch sein soll: Warum dürfen Menschen mit Behinderung nicht auch ihre Wettkämpfe abhalten? Einige fordern, dass man die Olympischen Spiele mit den Paralympics verbindet und einen großen Wettkampf daraus macht. Diese Idee finde ich nicht gut, weil dann eine Sportveranstaltung auf der Strecke bleibt. Ich finde es gut, dass die Spiele nacheinander sind. Wenn man die Spiele verbindet, dann würden viel mehr Leute nur die Olympischen Spiele schauen und nicht die Paralympics. Das wäre nicht Sinn der Sache. Ich weiß, von Wettkämpfen, wo versucht wurde, zwischen den Turnieren der nicht-behinderten Sportler auch Wettkämpfe etwa mit behinderten Schwimmern zu zeigen. Das Fernsehen hat die Wettkämpfe der behinderten Sportler nicht ausgestrahlt, sondern die Pause genutzt, um Werbung einzublenden.
###mehr-artikel###Mit Ski Alpin haben Sie Ihre sportliche Karriere begonnen, dann kam Schwimmen und jetzt das Handbike. Woher kommt Ihre Begeisterung für den Spitzensport?
Reppe: Es macht einfach Spaß. Ich bin kein Mensch, der Sport nur so betreibt. Ich brauche ein Ziel: Ich will eine bestimmte Zeit schaffen, eine Medaille gewinnen oder mich für den Wettkampf qualifizieren und dort auch gut sein. Ohne Anreiz könnte ich kein Sport machen. Einige Stunden einfach so schwimmen, wäre für mich nichts.
Ist das Training eines Spitzensportlers mit Behinderung anders als bei den Kollegen ohne Behinderung? Brauchen Sie Hilfe dabei?
Reppe: Hilfe brauche ich keine. Das Training ist auch nicht anders. Ich habe auch eine sehr „einfache“ Behinderung, würde ich sagen. Ich trainiere genauso wie die anderen und man muss viel trainieren, um gut zu sein. So wie ich trainieren viele behinderte Athleten zusammen mit Nicht-Behinderten. Da sagt der Trainer dann auch nicht: „Ach Mensch, du armes Ding, du schwimmst jetzt mal weniger.“ Nein, da wird dann gesagt: "Du schwimmst vielleicht langsamer, aber du schwimmst trotzdem eine bestimmte Kilometerzahl und versuchst, dieses Ziel auch zu erreichen."
Werden Sie wegen Ihrer Behinderung von den Mitsportlern anders behandelt?
Reppe: Nein, diese Erfahrung habe ich nicht gemacht. Klar wird geholfen, wenn ein Rollstuhlfahrer aus dem Wasser muss. Aber negative Erlebnisse hatte ich keine.
###mehr-info###Als Kind wurde Ihr rechtes Bein wegen einer Krebserkrankung amputiert. Wie wirkt sich das auf Ihren Alltag aus?
Reppe: Ich habe kaum Einschränkungen. Ich kann eigentlich fast alles machen. Ich fahre Auto, auch wenn ich Automatikgetriebe brauche. Ich kann einkaufen, meine Sachen tragen. Ich gehe auf Krücken, trage eine Prothese und fahre auch manchmal im Rollstuhl. Das ist es dann eigentlich schon. Das einzige was einen beeinträchtigt, sind vielleicht die Leute, die auf der Straße immer so gucken (Lacht). Die Leute haben eigentlich das Problem mit einem oder eben auch nicht.
Warum haben Sie bei dem Film "Mein Weg nach Olympia" mitgemacht?
Reppe: Ich finde, der Film ist eine gute Sache. Beim ersten Treffen hat er mir auch klipp und klar gesagt, dass er Sport nicht mag und dem Behindertensport sowie den Paralympics kritisch gegenüber steht. Das war eine Herausforderung, auch weil er sehr direkte und kritische Fragen gestellt hat. Ich glaube, das macht den Film aber aus. Es ist ein guter Film geworden.
Was erhoffen Sie sich von dem Film, vielleicht auch das Nicht-Behinderte eine neues Verständnis für den Behindertensport bekommen?
Reppe: Solche Filme tragen natürlich immer dazu bei, für das Thema Behindertensport zu sensibilisieren. Gerade durch die Art und Weise, wie der Film gemacht wurde, wird dieses Ziel erreicht. Es ist eben nicht nur: "Ach Gott, der arme Behinderte." Der Film zeigt vielmehr, dass man auch über die Situation lachen kann, dass das Leben weitergeht.