Erbsenzähler, Korinthenkacker, Prinzipienreiter: Ganz egal, welches Synonym einem sonst noch einfällt, sie passen alle. Zu seiner Rechtfertigung kann Marvin Feldmann zwar anführen, die Pedanterie sei unabdingbarer Bestandteil seines Berufes, weil er als Schiedsrichter für das "Buch der Rekorde" darauf zu achten hat, dass auch alles mit rechten Dinge zugeht; tatsächlich aber muss man eher von Berufung sprechen, denn Marvin zeichnet auch als Privatmann aus, was man euphemistisch Ordnungsliebe nennen könnte. Normalerweise gehen einem solche Menschen mit ihrer fast schon zwanghaften Gewissenhaftigkeit auf die Nerven, zumal sie in der Regel auch nicht sonderlich sympathisch sind.
Originell und voller Menschlichkeit
Also blieb den Verantwortlichen praktisch gar nichts anderes übrig, als die Titelrolle Axel Milberg zu geben, denn der ist in dieser Hinsicht vorbelastet: Sowohl sein Kieler "Tatort"-Kommissar Klaus Borowski als auch die nicht minder mürrische Titelfigur der ZDF-Serie "Doktor Martin" sind zwar sturköpfige Eigenbrötler, aber dennoch sympathisch. Selbstredend ist auch Marvin erst zu dem Menschen geworden, der er heute ist: Sein kleiner Bruder ist einst ertrunken, weil sich Marvin nicht an eine elterliche Regel gehalten hat. Seither besteht sein Leben nur noch aus Regeln. Und natürlich bezieht der Film seinen Reiz aus der Frage, was wohl passiert, wenn der Rekordbeobachter auf eine Frau trifft, die nicht nur optimistisch und attraktiv ist, sondern auch permanent gegen Regeln verstößt.
Die Geschichte, in die Autor Jan Cronauer diese Begegnung bettet, ist zudem originell und voller Menschlichkeit: Feldmann wird auf eine denkbar abgelegene finnische Insel geschickt, weil dort ein Zwölfjähriger Steine angeblich 52 mal über die Wasseroberfläche hüpfen lassen kann; der Weltrekord liegt bei 51. Elias’ Talent ist offenkundig, aber den Rekord bricht er nicht. Feldmann will sich wieder auf den Heimweg machen, doch die Insulaner entwickeln einen bemerkenswerten Einfallsreichtum, um seine Abreise zu sabotieren.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Mindestens so gut wie die Führung der Darsteller (Regie: Karola Hattop) sind die vielen witzigen Ideen, die aus der im Grunde melancholischen Geschichte eine warmherzige Komödie machen. Und die Bilder von Himmel, Meer und Landschaft (Kamera: Hermann Dunzendorfer) sind ohnehin prachtvoll.