Spanische Pfleger entsetzt über deutsche Krankenhäuser

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Eine der vielen spanischen Krankenschwestern in Deutschland, die sich die Realität in deutschen Krankenhäusern anders vorgestellt hatten.
Spanische Pfleger entsetzt über deutsche Krankenhäuser
Sie haben eine Hochschulausbildung, bleiben in ihrem Heimatland aber oft ohne Job: Spanische Krankenpfleger sollen in Deutschland den Fachkräftemangel ausgleichen. Doch manche von ihnen sind erschrocken über den Zustand der deutschen Pflege.
09.10.2013
epd
Hans-Günter Kellner

Deutsche Kliniken und Pflegeheime umwerben spanische Pflegekräfte schon in ihrem Heimatland. Während es im spanischen Gesundheitssystem immer weniger Jobs gibt, sind in Deutschland 30.000 Stellen unbesetzt. Das Interesse der Spanier an der Arbeit in Deutschland war anfangs enorm. Inzwischen kehren jedoch einige von ihnen Deutschland wieder den Rücken - manche sogar entsetzt über die Qualität der Pflege.

Tatiana aus Madrid konnte die Bedingungen, unter denen sie an einer deutschen Klinik arbeiten musste, nicht mit ihrem Berufsethos vereinbaren. "So wollte ich nicht arbeiten. Dafür habe ich nicht studiert", sagt die 22-Jährige, die fertig ausgebildet nach Deutschland kam. Selbst für die nötigsten Pflegemaßnahmen sei nie Zeit gewesen, erzählt sie aufgebracht nach ihrer Rückkehr.

Die Pflege leidet am Sparzwang

Ernüchternd war schon der erste Tag in der Klinik. Für schwergewichtige Patienten fehlten besondere Betten, die helfen, Druckwunden zu vermeiden. Vergeblich habe sie nach Liftern gesucht, mit denen schwere Patienten bewegt werden können. Die Folge: Patienten wurden gar nicht bewegt, das führte zu Geschwüren. Doch die Geschwüre wurden ignoriert.

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"Das wissen wir schon", habe ihre Chefin geantwortet, als sie auf einen Patienten mit solchen Verletzungen hinwies, erzählt Tatiana. Eine Behandlung sei aber nicht erfolgt. "Das sind sehr komplizierte und schmerzhafte Wunden", unterstreicht die spanische Krankenpflegerin. In der Ausbildung in Spanien sei ihr eingeschärft worden, sie früh zu erkennen. Tatiana tauschte sich darüber mit spanischen Pflegekräften in anderen deutschen Krankenhäusern aus: Auch dort seien solche Wunden schlicht ignoriert worden.

Tatiana erzählt, sie sei ermahnt worden, nicht zu viele Windeln zu wechseln, auch wenn Patienten damit oft lange Zeit in ihrem Urin gelegen hätten. Sie solle Windeln sparen, habe ihre Vorgesetzte erklärt. Selbst im krisengeplagten Spanien mit all seinen Kürzungen im Gesundheitswesen sei so etwas undenkbar, sagt sie.

In Internetforen diskutieren spanische Pflegekräfte über ähnliche Erfahrungen an deutschen Krankenhäusern - allerdings unter dem Schutz der Anonymität. Zu groß ist die Angst, den Job zu verlieren. Auch Tatiana will ihren richtigen Namen nicht nennen.

Mängel in der Krankenpflege sind Alltag

Die Arbeitnehmerverbände wundern sich über die Erfahrungen der Spanierin nicht. Die von Tatiana beschriebenen Zustände seien keine Ausnahme, sondern Alltag, stellen übereinstimmend die Gewerkschaft ver.di und der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) fest. Die Probleme seien systembedingt. Den Pflegeberufen fehle in der Politik eine Lobby, sagt eine Sprecherin des DBfK.

Spanien bildet Krankenpfleger an Hochschulen aus, in Deutschland handelt es sich um einen Ausbildungsberuf. Das hat Konsequenzen für den Berufsalltag, weil die Pflegerinnen in Spanien mehr dürfen. In ihrer Heimat seien die Ärzte für die Diagnose zuständig und entscheiden über die Behandlung. "Für alles andere sind wir ausgebildet", beschreibt Tatiana das Berufsbild in Spanien, wo die Pfleger auch ärztliche Aufgaben übernehmen. Deshalb kann sie die Zustände in Deutschland nicht verstehen: "Da ist der Patient dann mal eine halbe Stunde oder länger ohne Medizin, bis endlich der Arzt kommt."

Als sie sich über die Zustände an ihrer Klinik beschwert habe, sei sie vor die Alternative gestellt worden, sich anzupassen oder nach Spanien zurückzukehren. Tatiana ging noch in der Probezeit zurück und arbeitet jetzt in einem spanischen Altenheim. "Wäre ich geblieben, ich wäre wohl krank geworden", sagt sie.