Kein Wunder, dass Bella Jung, die Heldin der ZDF-Filmreihe "Bella Familia", nicht zur Ruhe kommt: Ständig verschwinden Familienmitglieder in der Versenkung, während andere unverhofft wieder auftauchen. Das hat zwar auch mit den Geschichten, vor allem aber wohl mit der Verfügbarkeit der Schauspielerinnen zu tun. Im ersten Film, "Bella Vita", hatte die Titelfigur (Andrea Sawatzki) noch zwei Schwestern (gespielt von Lisa Martinek und Juliane Köhler), kürzlich ("Bella Dilemma") war’s nur noch eine. Das gilt auch für das vorerst letzte Werk der Reihe, "Bella Familia", doch diesmal ist es die andere; das kann schon für Verwirrung sorgen. Bellas Tochter wird außerdem nicht mehr von Lotte Flack, sondern von Lucie Hollmann verkörpert, aber die macht ihre Sache auch nicht schlecht. Hauptfigur der Geschichte ist ohnehin Bellas Vater: Sie hat vor vielen Jahren den Kontakt abgebrochen, weil er sie und ihre Mutter immer wieder im Stich gelassen hatte; nun steht er plötzlich vor der Tür.
Jeder Auftritt kann der letzte sein
Selbst wenn es sonst keinen Grund gäbe, Bella Jung durch ihren turbulenten Alltag zu begleiten: Allein schon wegen Peter Sattmann lohnt das Einschalten. Er versieht den alten Herrn mit einer schönen Mischung aus Tragik und Rebellentum: Friedrich ist ein in die Jahre gekommener Hallodri alter Schule, der sein Leben der Musik verschrieben und stets von einer Karriere als Rock-Star geträumt hat. Mittlerweile ist er an die siebzig, die Trompete ist nach wie vor sein Lebensinhalt, aber nach zwei Schlaganfällen besteht die Gefahr einer Hirnblutung; jeder Auftritt kann der letzte sein. Während Bella versucht, den Vater, ihren kleinen Adoptivsohn und auch ihre physiotherapeutische Praxis unter einen Hut zu bekommen, hat Schwester Eva (Lisa Martinek) ganz andere Probleme: Sie ist überzeugt, dass ihr Mann (Thomas Heinze) fremdgeht. Dabei hat der gute Gatte bloß einen ganz speziellen Weg zum Glück gefunden: Er verschenkt sein Geld.
Die namhaften Schauspieler sind ohnehin sehenswert (Regie: Edzard Onneken), die Dialoge einige Male von sympathischer Bosheit (Buch: Melanie Brügel), und dank der Ausstattung ist "Bella Familia" zudem ein ausgesprochen farbenfroher Film: Bellas Praxis, ihre Wohnung und die diversen Kindertagesstätten, in denen sie den kleinen Tom unterbringen will, sind knallbunt; von Andrea Sawatzki ganz zu schweigen.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Das herbstliche Berlin liefert den passend pittoresken Hintergrund. Empfehlenswert aber ist die Komödie vor allem wegen der nachdenkliche Untertöne. Und wegen Erkenntnissen wie jener, dass Menschen keineswegs wie Inseln, sondern viel eher wie Gummiboote sind: weil sie ständig gefahr laufen unterzugehen.